Konstruktion des Fragebogens und Operationalisierung der Variablen

Der Fragebogen besteht hauptsächlich aus vier Fragekomplexen und ist, bis auf den ein­führenden Text, für beide Geschlechter identisch:

persönliche Verhaltensweisen des Konsumenten in der Produktkategorie

persönliche Affekte des Konsumenten gegenüber der aktuellen Marke und der gesam­ten Produktkategorie

persönliche Veranlagung bezüglich Risikotoleranz und Reizbedürfnis

demographische Angaben über die eigene Person

( sonstige Konstrukte)

Der Fragebogen enthält insgesamt 102 Items.

Bei folgenden Items ist von vornherein nicht geplant sie auszuwerten, sondern sie dienen nur zur Motivation und Führung der Befragten.

So dient das erste Item „Bitte nenne die Marke, die Du zuletzt konsumiert hast.“ dazu, daß der Befragte sich von vornherein eindeutig auf ein Produkt festlegt.

Des weiteren wird das Item „Wenn Du diese Aussage mit ‚richtig‘ eingestuft hast, dann stelle bitte kurz dar, warum es keine freie Entscheidung war.“ nur dazu genutzt, zu überprüfen, ob das Item davor richtig verstan­den wurde.

Die offenen Fragen zum evoked set und den Eigenschaften der Marke werden zunächst nur bezüglich der erinnerten Anzahl und nicht bezüglich der Inhalte erfaßt. (EVOKED, EIGENSCH)[1]

Durch die Angabe der Matrikelnummer soll eine gewisse Bindung hergestellt werden, die dazu führen soll, daß der Fragebogen gewissenhafter ausgefüllt wird. Dieses Item wird nicht ausge­wertet. (MATRI-NR)

Die beiden oben zuerst genannten Fragenkomplexe wurden innerhalb des Fragebogens nicht jeweils als Block zusammengefaßt, sondern unter Rücksichtnahme auf mögliche Positionseffek­te vermischt und vor und nach dem dritten Fragenkomplex angeordnet. Der dritte und vierte Fragenkomplex wurde jeweils als Block zusammengefaßt. Die Items der sonstigen Konstrukte wurden zwischen den Items der ersten und zweiten Kategorie verstreut.

Eine kurze Zuordnung und Erläuterung der Items findet im folgenden statt. Die genaue Formu­lierung der Items kann dem Fragebogen im Anhang entnommen werden. Die dort angegebenen Bezeichnungen der Items waren auf den verteilten Fragebögen nicht abgedruckt und dienen nur dem Zweck der besseren Übersicht im Rahmen der Auswertung.

Persönliches Verhalten

In dem Fragenkomplex zu den persönlichen Verhaltensweisen geht es vor allem um die Erhe­bung von Verhaltensweisen in der Vergangenheit. (KAUFVER1 bis KAUFVER5)

So kann es wichtig sein zu wissen, ob die Marke selber eingekauft oder von jemand anderem mitgebracht wird, ob auf Vorrat oder nach Bedarf und ob diese Marke auch für andere Personen eingekauft wird, usw..

Um eine genauere Vorstellung über die bisherigen Konsumerfahrungen mit der Marke zu erhalten, wird die Kauffrequenz und die Kaufhäufigkeit erhoben. (WIEDKAU1 bis WIEDKAU3)

Persönliche Affekte

Im Mittelpunkt stehen die Affekte, die durch Neuartigkeit, Komplexität, Ungewöhn­lichkeit etc. der Marke auf der einen Seite und dem mit der Marke verbundenen Risikopotential auf der anderen Seite hervorgerufen werden. Die Stärke dieser Affekte wird ermittelt.

Die Ermittlung der Affekte erfolgt sowohl auf die Gegenwart, als auch auf die Ver­gangenheit bezogen. Da die Erfragung von Vergangenheitsdaten immer mit Verzerrungen der verschieden­sten Art ver­bunden ist, werden ersatzweise die durchschnittlichen Potentiale für die Produktka­tego­rie zum aktuellen Zeitpunkt erfragt. Da die aktuelle Marke vor dem ersten Kauf, ein Teil dieser Menge von weitgehend unbekannten Marken war, kann durch die Ermittlung dieser Durchschnittspotentiale auf die mit der Marke zu Beginn verbundenen Potentialen geschlossen werden. Zusätzlich werden einzelne Items eingefügt, die sich auf die Vergangenheitswerte der betrachteten Marke beziehen.

Die Ermittlung des aktuellen Abwechslungspotentials erfolgt durch eine ganze Reihe paralleler Items, die alle auf positiv bewertete Aspekte der Neuartigkeit, Ungewöhnlichkeit und Komple­xität abzielen. Die Item sind unter folgenden Bezeichnungen im Fragebogen zu finden: abwaff_1, abwaff_2, abwaff_3, abwaff_4, abwaff_5, abwaff_6, abwaff_7, abwaff_8, abwaff_9. Das Item ABWAFF_2 wurde in seiner Orientierung geändert um einer Antworttendenz entgegenzuwirken. Der Abwechslungsaffekt wird durch die Summation der neun Items ermittelt.

Die Operationalisierung des ursprünglichen Abwechslungspotentials erfolgt zum einen durch ein Item, das direkt auf das ursprüngliche Abwechslungspotential abzielt (ABWPOUR1) und zum anderen durch drei Items, die das Abwechslungspotential des Marktes allgemein abfragen, ohne auf spezielle Marken einzugehen. (ABWPOUR2, ABWPOUR3, ABWPOUR4). Diese Operationalisierung ist deshalb angebracht, weil davon auszugehen ist, daß das Abwechslungs­potential aller unbekannten Marken im Markt in etwa vergleichbar ist.

Die Operationalisierung des Risikopotentials erfolgt gemäß dem Vorschlag von Cunnigham[2] durch die Faktoren Unsicherheit und Konsequenzen. Die Unsicherheit wird mehrfach parallel operationalisiert und möglichst wertneutral erhoben. Dies geschieht durch die folgenden Items: unsich_1, unsich_2, unsich_3, UNSICH_4, UNSICH_5.

Die Konsequenzen werden durch die nach verschiedenen Bereichen aufgespalteten Affekte, die mit der Kaufsituation verbunden sind, operationalisiert. Eine affektive Bewertung ist bei diesen Items im Gegensatz zu den Unsicherheits-Items beabsichtigt. Dies geschieht durch folgende Items: riaffzei, riafffin, riaffphy, riaffpsy, riaffsoz, RIAFF__1, RIAFF__2, RIAFFQU1, RIAFFQU2. Neben den im theoretischen Teil besprochenen fünf Risikokategorien, wurde auch die dort abgegrenzte qualitative Risikoka­tegorie durch die zwei Items RIAFFQU1, RIAFFQU2 operationalisiert und in die Auswertung mit einbezogen. Wie schon im theoretischen Teil angedeutet, ist die Trennung zwar für ein besseres Verständnis notwendig, für die empirische Betrachtung ist die Erhebung des qualitativen Risikos jedoch durchaus sinnvoll. Die Items RIAFF__2 und RIAFF_1 fassen nochmals einen eher diffusen Risikoaffekt zusammen.

Um die Bedeutung dieser Konsequenzen individuell genauer differenzieren zu können, wird ein Item erhoben, das die Gewichtung dieser Konsequenzen bei der Kaufentscheidung wiedergibt: riaffgew.

Die Konsequenzen ergeben sich sodann aus der Multiplikation der Summe der einzelnen Konsequenzen mit der Gewichtung.

Der Risikoaffekt besteht aus der Multiplikation der Unsicherheit mit den Konsequenzen. Die genaue mathematische Umsetzung kann aus dem Abschnitt „Aufbereitung der Daten“ entnom­men werden.

[PK1]

Auch der aktuell empfundene Risikoaffekt ist abhängig von dem Risikoaffekt zu Beginn der Markentreue. Die Operationalisierung des ursprünglichen Risikopotentials erfolgt parallel zu dem aktuellen Risikoaffekt, unterteilt in die verschiedenen Risikoarten. Allerdings wird in allen Bereichen nur die allgemein auf die Produktklasse bezogene Risikoempfindung erhoben und nicht explizit nach der Risikoempfindung zu Beginn der Markentreue gefragt. Neben den fünf Kategorien von Konsequenzen soll auch die Kategorie „qualitative Konsequenzen“ in die Berechnung mit eingehen. Die Items lauten wie folgt: konfinur, konphyur, konpsyur, konquaur, konsozur, konzeiur

Das Konzept sieht eine Zusammenfassung von Abwechslungs- und Risikoaffekt vor. Diese beiden Affekte sollen zu einem Gesamtaffekt beitragen. Damit ein Abgleich stattfinden kann, wird auch der Gesamtaffekt erhoben. (GESAFF_1 bis GESAFF_4).

Risikotoleranz und Reizbedürfnis

Diese beiden persönlichen Konstanten werden mit Hilfe eines von Brengelmann entwickelten Instrumentes operationalisiert.[3] Er konnte 29 Items auf drei Faktoren reduzieren: Reizsuche, Reizgenuß und Risiko­lust. Alle 29 Items wurden übernommen. Obwohl ein Item doppelt auftauchte, wurde auch dieses so übernommen (REIZSU_9, REIZGE_3). Zwar wurden die Items der verschiedenen Faktoren untereinander, unter Rücksichtnahme auf Positionseffekte, gemischt, es wurden jedoch keine Items aus den anderen Fragekomplexen eingefügt. Durch die Mischung von Items der Reizsuche und des Reizgenusses auf der einen Seite und der Risikolust auf der anderen Seite, wurde der Akquieszenz entgegengewirkt, die bei einer derartig großen Zahl von Items mit ähnlichem Inhalt leicht entstehen kann.

Die eigentlich zur Messung dieser Parameter vorgesehene Sensation-Seeking Scale von Zucker­man[4], die in der englischsprachigen Literatur weit verbreitet ist, existiert nicht in einer deut­schen, validierten Version. Da Brengelmann sein Instrument jedoch schon mehrfach mit Erfolg validiert hat, erscheint es durchaus geeignet für diese Untersuchung.

Der Bereich, den Brengelmann Risikolust nennt, besteht aus fünf Items, die wörtlich als Operationalisierung der Risikotoleranz übernommen werden. Die entsprechenden Items im Fragebogen lauten: rislus_1, rislus_2, rislus_3, rislus_4, rislus_5. In die Auswertung gehen später die aus diesen Items durch Faktoranalyse ermittelten „Factor Scores“ ein. Die daraus hervorgehende Variable wird RISLUSX1 heißen.

Die Variable, die in dieser Arbeit Reizbedürfnis genannt wird, setzt sich bei Brengelmann aus zwei Bereichen zusammen: Reizgenuß (REIZGE_1 bis REIZGE_9) und Reizsuche (REIZSU_1 bis REIZSU15). Beide Instrumente werden gemeinsam in eine Faktorenanalyse eingehen und es wird ein ge­meinsamer Faktor aus diesen beiden Bereichen extrahiert werden. Die „Factor Scores“ werden als Variable REIZBEX1 in die weitere Untersuchung einfließen.

Demographische Angaben

In diesem Fragenkomplex wurden weitgehend die üblichen Angaben abgefragt (ALTER, FAMSTAND, GESCHL, WOHNVERH). Darüber hinaus wurde der Zeitungs- und Zeitschrif­tenkonsum (ZEITUNG) ermittelt, da dies als Indikator für das Informati­onsbedürfnis des Konsumenten gewertet werden kann.

Gewisse Probleme könnte es bezüglich der Frage nach der finanziellen Ausstattung (BUDGET) geben, wenn gleichzeitig nach der Matrikelnummer (MATRI-NR) gefragt wird. Wenn darauf­hin eine der beiden Angaben nicht gemacht wird, ist dies für die Brauchbarkeit der übrigen Daten jedoch nicht ausschlaggebend.

Gewöhnung

Gewöhnung ist weder bei Verhalten noch bei Affekten einzuordnen, eher handelt es sich um eine Verhaltensprädisposition, die aus einem komplexen Gefüge von verschiedenen Faktoren resultiert. Gewöhnung ist ein hypothetisches Konstrukt, dessen Definition einerseits auf der Hand liegt, deren genaue Abgrenzung jedoch Probleme bereiten könnte. Aus diesem Grunde liegt auch die Operationalisierung nicht direkt auf der Hand. Im folgenden wird Ge­wöhnung operational durch die vier Items definiert. Eine direkte Befragung nach der Gewöh­nung an ein Produkt soll vermieden werden. Aus diesem Grunde wird die Gewöhnung durch die Aus­prägung von verschiedenen Items gemessen, die das Wissen über die Marke wiederge­ben: gewoe_1, gewoe_2, gewoe_4, GEWOEH_3.

Die Problematik der Operationalisierung der Gewöhnung und den damit verbundenen Validi­tätsproblemen erörtert Bleiker.[5] Sie gibt zum Beispiel zu bedenken, daß ein Produkt nie gekauft zu haben, nicht gleichbedeutend damit ist, keine Kriterien zur Produkt­beurteilung zu haben. Optimal ist vermutlich eine Kombination kognitiver und verhaltens­abhängiger Operatio­nalisierungen.

Wiederkaufwahrscheinlichkeit

Auch die im Fragebogen durch vier Items operationalisierte Wiederkaufwahrscheinlichkeit ist kein Verhalten, sondern eine Einstellung. Bei dieser Einstellung tritt jedoch die konotative Komponente weit in den Vordergrund. Die Operationalisierung erfolgt auf der einen Seite so, daß die Befragten auf verschiedene Art und Weise gebeten werden, die Wiederkaufwahr­scheinlichkeit einzuschätzen (WKW1 und WKW4). Auf der anderen Seite werden sie mit einer Sieben-Punkte-Skala in bezug auf zwei Aussagen konfrontiert, die ihnen einen Markenwechsel unterstellen. (WKW2 und WKW3).

Weitere Items und Konstrukte

Neben den oben angeführten Angaben, wurde das Involvement durch vier Items operationali­siert, die von Bleiker[6] übernommen wurden. (INVOLV_1 bis INVOLV_4)

Auch die schon mehrfach erwähnten extrinsischen Motivationen werden operationalisiert. Dabei findet eine Beschränkung auf die Motivationen statt, die in diesem Untersuchungszusammen­hang die größte Bedeutung haben (EXTRI_1 bis EXTRI_4).


[1] Die im folgenden verwandten Abkürzungen verweisen auf die entsprechenden Bezeichnungen der Items im Fragebogen, der im Anhang zu finden ist.

[2] vgl.: Cunningham, S.M., (1967b)

[3] vgl.: Brengelmann, J. C.; von Quast, C., (1987), S. 79-81

[4] vgl.: Zuckerman, M., (1964)

[5] vgl.: Bleiker, U., (1993), S. 183ff

[6] vgl.: Bleiker, U., (1983)

Auswahl und Darstellung der Stichprobe

Die Versuchspersonen rekrutierten sich in erster Linie aus den Besuchern folgender drei Vorlesungen:

Methodik der empirischen Sozialforschung (26.05.1995)

Organisation Übung A (31.05.1995)

Beschaffungspolitik (01.06.1995)

Von 303 in diesen Veranstaltungen verteilten Fragebögen, wurden insgesamt 144 zurückgege­ben. Dies entspricht einer Rücklaufquote von ca. 48 %. Die Quote war am besten in der Organisationsveranstaltung und am schlechtesten in der Methodik­veranstaltung.

Darüber hinaus wurden noch Fragebögen (62) an Freunde und Bekannte verteilt, wobei auf eine Rücklaufquote von 100 % geachtet wurde. Drei Fragebögen wurden von anderen Studenten beantwortet. Insgesamt gingen 209 Fragebögen in die Auswer­tung ein.

Durch Zufall kam eine Gleichverteilung zwischen den Geschlechtern zustande.

Vor allem durch die Befragung der Bekannten, kamen einige Ausreißer bezüglich des Alters zustande. Durch ihre teilweise lange Gewöhnungszeit an die Marke, können diese Ergebnisse aber unter Umständen dazu dienen, die angestrebte Kurve zu verwirklichen. Ansonsten wird der Alterseffekt in bezug auf die Markentreue nicht weiter ausgewertet. Wie zu erwarten ist, liegt das Alter der meisten Befragten in einem Bereich zwischen 20 und 30 Jahren (ca.: 90 %). Die restlichen 10 % verteilen sich vor allem über die höheren Altersstufen.

85 % geben ein Budget für Freizeitgestaltung und Luxus von unter DM 500,– an.

80 % der Befragten sind nicht verheiratet.

Da die Demographika im weiteren nicht ausgewertet werden, wird darauf nicht tiefer eingegan­gen. Die wichtigsten Angaben sind im Anhang übersichtsartig zusammengefaßt.

Voruntersuchung

Nach einigen Revisionen wurde der Fragebogen insgesamt zwölf verschiedenen Personen beiderlei Geschlechts und ver­schiedener Altersstufen (20-50 Jahre) vorgelegt. Zu diesem Zeitpunkt war noch keine endgültige Entscheidung über die Produktauswahl getroffen.

Die Raucher in dieser Gruppe wurden gebeten, den Fragebogen zu der Produktkategorie der Zigaretten zu beantworten, die übrigen wählten ihre Marke aus dem Bereich After Shave oder Parfüm.

Insgesamt bereitete der Fragebogen keine Verständnisprobleme, obwohl die Versuchspersonen bezüglich ihres Ausbildungsstandes sehr weit streuten.

Von fast allen Befragten kamen Bemerkungen bezüglich des Bereiches, in dem die Risikotole­ranz und das Reizbedürfnis abgefragt wurden. Dieser Bereich des Fragebogens, der einen relativ großen Anteil ausmacht, ist durch eine große Anzahl von sehr ähnlichen Items gekenn­zeichnet. Da dieser Bereich jedoch komplett von Brengelmann übernommen wurde, der die Items schon mehrfach verwendet und als valide erkannt hat, wurde die Entscheidung getroffen, hier keine Modifikatio­nen vorzunehmen.

Es war auffällig, daß bis auf eine Ausnahme alle Versuchspersonen beim ersten Item, in dem folgende Frage gestellt wurde: „Für wie wahrscheinlich hältst Du es, Dich beim nächsten Einkauf wieder für Deine aktuelle und gegen alle anderen Marken zu entscheiden?“(WKW1), die gleiche Antwort ankreuzten. Als Antwort­möglichkeit war, wie bei den meisten anderen Items, eine Skala von eins bis sieben vorgegeben, die in diesem Fall mit den Aussagen „sehr wahrscheinlich“ bis „sehr unwahrscheinlich“ verbunden war. Fast alle Versuchspersonen kreuzten das Feld für „sehr wahrscheinlich“ an. Da davon ausgegangen werden kann, daß nicht bei allen untersuchten Perso­nen die Wiederkaufwahr­scheinlichkeit gleich hoch war und das Ergebnis eher auf ein mangelndes Differenzierungsvermögen der Befragten, oder im Umkehr­schluß auf mangelnde Differen­zie­rungs­fähigkeit des Items zurückzuführen ist, wur­den die Antwort­möglichkeiten geändert. In der neuen Version werden dem Befragten an dieser Stelle eine Reihe von ausführli­cher formulierten Aussagen über die Wiederkaufwahrscheinlichkeit vorgelegt, die ihn eher dazu veranlas­sen sollten über die Wiederkaufwahrscheinlichkeit zu reflektieren.

Das Item: „Ich weiß zwar noch nicht alles über meine aktuelle Marke, aber genau das reizt mich an ihr.“, sorgte bei einigen Befragten für Verwirrung und wurde deshalb in zwei getrennte Items zerlegt um Mißverständnissen aus dem Wege zu gehen. (ABWAFF_4 und ABWAFF_5)

Die erheblichsten Veränderungen wurden im Bereich der Konsequenzen und des Risikoaffektes vorge­nommen. Schon bei der Auswertung der Voruntersuchung wurde deutlich, daß fast durch­gängig das Risikopotential der aktuellen Marke wesentlich höher eingestuft wurde als das Risikopotential aller anderen auf dem Markt befindlichen Marken. Dies war selbst dann zu beobachten, wenn schon eine langjährige Markenerfahrung bestand. Die Erklärung für dieses Phänomen ist vermutlich in dem größeren Involve­ment mit der aktuellen Marke, im Kontrast zu dem Invol­vement mit allen anderen Marken zu suchen. Teilweise wurde versucht, durch Umformulierungen der Items diesem Effekt auszuweichen, bei anderen Items wurde darauf verzichtet. Bei den letzteren ist es notwendig, im Rahmen der Auswertung diesem Sachverhalt Rechnung zu tragen. Eine Möglichkeit, die dadurch entstehende Verzerrung auszuschalten, besteht in der Nivelierung des Risikoaffektes durch die ursprünglich wahrgenommenen Konse­quenzen. Ohnehin findet letztendlich ja eine Gewichtung des Risikoaffektes statt, der dazu beiträgt solche Fehler auszu­schalten. In der Voruntersuchung wurde schon deutlich, daß das darauf gerichtete Item (RIAFFGEW) sehr gut in der Lage ist zu differenzieren.

Aufgrund verschiedener Bemerkungen und der einseitigen Antworttendenz, wurde auch der Bereich, der sich mit der Erhebung des Gesamtaffektes beschäftigt nochmals leicht modifiziert.

Hauptuntersuchung

Die Fragebögen wurden jeweils am Anfang der entsprechenden Veranstaltung ausgeteilt. Die Studenten wurden gebeten, die Fragebögen zu Hause in Ruhe auszufüllen und entweder in den nächsten Tagen im Sekretariat der Lehrstuhls abzugeben oder zur nächsten Veranstaltung wieder mitzubringen. In der Organisationsveranstaltung und in der Methodikveranstaltung wurde die Verteilung der Fragebögen kurz von dem entsprechenden Referenten angekündigt. Es fand jeweils eine kurze Einleitung durch den Autor statt. Dies geschah in der Veranstaltung von Prof. Dr. Koppelmann unter erheblichem Zeitdruck.

Aufgrund der in den ersten Tagen nach der Verteilung in der Methodikveranstaltung zurückge­gebenen Fragebögen der Männer zeichnete sich ab, daß die Marke „NIVEA BALSAM“ überproportional vertreten zu sein schien. Da diese Marke nicht zu einer intensiven Geruchs­entwicklung führt, konnte hier auch nur in sehr geringem Umfang das Auftreten eines sozialen Risikos erwartet werden. Um dieser Entwicklung entgegen­zuwirken, wurden die männlichen Teilnehmer der Befragung in den beiden anderen Gruppen aufgefordert, diesen Fragebogen für ein anderes After Shave auzufüllen, sofern sie dieses parallel zu Nivea aus Gründen der Parfü­mierung benutzen.

Bei der Organisationsveranstaltung und der Veranstaltung von Prof. Dr. Koppelmann erinnerte der Autor die Anwesenden in den folgenden Wochen, jeweils zu Beginn der Veranstaltung bzw. vor der Veranstaltung, durch das Auflegen einer Folie auf den Overhead-Projektor an die Befragung. In der Methodikveranstaltung übernahm der Referent die Aufgabe, die Anwesenden an die Untersuchung zu erinnern.

Die Befragung und Anweisung der Bekannten und Freunde erfolgte teilweise durch den Autor selbst und teilweise durch einen Beauftragten. Auf die Rückgabe der Fragebögen wurde geach­tet.

Formale Analyse

Zum besseren Verständnis der folgenden Auswertung sei die Orientierung der Variablen in der folgenden Übersicht kurz zusammengefaßt.

Variable Bedeutung hoher
numerischer Werte

Bedeutung niedriger
numerischer Werte

ABWAFF2X groß (positiv) klein (negativ)
GEWOEH_X klein groß
RISIKO2X klein (positiv) groß (negativ)
ABWPOURX klein groß
INVOLV_X klein groß
KONURS_X klein groß
GESAFF_X klein (negativ) groß (positiv)
SUMAFF_X groß (positiv) klein (negativ)
WKW_X klein groß
REIZBEX1 klein groß
RISLUSX1 klein groß

Tab. 6 (Orientierung der Variablen)

Durch die Regression 1.a werden drei der aufgestellten Hypothesen bestätigt. Erstens wird bestätigt, daß ein negativer Zusammenhang zwischen der Gewöhnung und dem Abwechslungs­affekt besteht (1. Hypothese) und zweitens, daß dieser Zusammenhang durch eine logarithmi­sche Kurve dargestellt werden kann (2. Hypothese). Die Ergebnisse für diesen Zusammenhang bewegen sich für beide Geschlechter auf einem Signifikanzniveau größer als 99%. Drittens konnte durch diese Regression nachgewiesen werden, daß ein positiver Zusammenhang zwi­schen dem ursprünglichen Abwechslungspotential und dem aktuellen Abwechslungsaffekt besteht (8. Hypothese). Das Signifikanzniveau liegt für beide Geschlechter über 95 %. Nicht abgelehnt werden kann aufgrund dieser Regression die Nullhypothese, die besagt, daß kein Zusammenhang zwischen dem Reizbedürfnis und dem Abwechslungsaffekt besteht (10. Hypothese). Das Si­gnifikanzniveau liegt bei den Männern unter 60% und bei den Frauen sogar unter 10%. Somit ist davon auszugehen, daß hier kein Zusammenhang besteht. Darüber hinaus weisen die Koef­fizienten der Variable REIZBEX1 nicht die vorhergesagte Orientierung auf.

Die Regression 1.b ist in erster Linie durchgeführt worden, um zu untersuchen, ob die Variable Involvement einen Beitrag zur Erklärung der Varianz leisten kann. Ein dermaßen starker Einfluß, wie er in Regression 1.b zu erkennen ist, kann durch die bisher erläuterten theoreti­schen Zusammenhänge nicht erklärt werden. Durch die Einbeziehung des Involvements sinken zum einen die Signifikanzniveaus der übrigen Regressoren und zum anderen ist an dem stan­dardisierten Koeffizienten eine überragende Bedeutung dieses Regressors zu erkennen.

Die Regression 2.a bestätigt die Hypothese, daß der Risikoaffekt umso negativer ist, je geringer die Gewöhnung ist (3. Hypothese). Für beide Geschlechter liegt das Signifikanzniveau über 99,99%. Außerdem ist das Konfidenzintervall verhältnismäßig gering. Obwohl, wie schon erläutert, die mathematischen Vorgaben durch die Transformation nicht komplett erfüllt wurden, wird durch diese Regression die 4. Hypothese bestätigt, da GEWTR_2 die quadrierte Variable GEWOEH_X ist. Zwar stimmt die Orientierung der Koeffizienten der Variable für das ursprünglichen Risikopotential, die Signifikanzniveaus deuten mit ca. 82% für die Frauen und ca. 70% für die Männer eher auf einen zufälligen Zusammenhang hin. Damit ist die 7. Hypothese abzulehnen. Auch bei der Risikotoleranz lassen die Signifikanzwerte keine Ableh­nung der Nullhypothese zu. Bei den Frauen, bei denen das Signifikanzniveau immerhin bei ca. 89% liegt, ist zudem eine der 9. Hypothese zuwiderlaufende Orientierung zu beobachten.

Die Einführung der Variablen Involvement in der Regression 2.b trägt kaum zur Erklärung der Varianz bei. Auch für diesen großen Unterschied zwischen Regression 1.b und 2.b in bezug auf den Einfluß der Variable Involvement, liefert die Theorie keine Erklärung. Die Frage ist, warum der Einfluß im Zusammenhang mit dem Abwechslungsaffekt so groß und beim Risiko­affekt so gering ist. Interessant ist die Beobachtung, daß sich der standardisierte Koeffizient der Gewöhnung gegenüber der Regression 2.a kaum verändert und auch wieder ein relativ enges Konfidenzintervall besitzt.

Die Regression 3. kann eindeutig die 5. Hypothese bestätigen, daß der empfundene Gesamtaf­fekt mit steigender Summe der beiden Einzelaffekte steigt. Beide Geschlechter zeigen ein Signi­fikanzniveau von über 99%. Ob der geringe Wert des Bestimmtheitsmaßes bei den Männern mit ca. 7% ein Artefakt ist oder eine theoretische Fundierung hat, bleibt hier ungeklärt. Insgesamt sollte aber gerade diese Regression mit Vorsicht interpretiert werden, da sie schon bezüglich der Normalverteilungsannahme und des F-Testes sehr schlechte Ergebnisse geliefert hat. Darüber hinaus traten zum einen bei der Validitätsüberprüfung des Konstruktes GESAFF_X erhebliche Fehlladungen auf, zum anderen ist die Reliabilität von GESAFF_X nicht vorbehaltslos gesi­chert.

Die Regression 4. trifft nicht genau die 6. Hypothese. Da jedoch die 5. Regression, die diese Hypothese bestätigen sollte, nicht weiter verfolgt wurde, kann die 4. Regression zumindest aufzeigen, daß ein Zusammenhang zwischen diesen beiden Affekten und der Wiederkaufwahrscheinlichkeit besteht. Es sollte dabei nicht übersehen werden, daß noch viele andere Faktoren bei der Wiederkaufwahrscheinlichkeit eine Rolle spielen können. Die extrinsi­schen Motivationen wurden teilweise ausgeschaltet, indem EXTRI_3 gleich 1 herausgefiltert wurde. Die Ergebnisse sind hochsignifikant mit einer Wahrscheinlichkeit von über 99% bei beiden Geschlechtern.

In der folgenden Tabelle sind die Entscheidungen bezüglich der Hypothesen 1 bis 10 über­sichtsartig zusammengefaßt.

Hypothese

Entscheidung

1. Hypothese

Bestätigung

2. Hypothese

Bestätigung

3. Hypothese

Bestätigung

4. Hypothese

Bestätigung

5. Hypothese

Bestätigung

6. Hypothese

Bestätigung unter Vorbehalt

7. Hypothese

Beibehaltung der Ho

8. Hypothese

Bestätigung

9. Hypothese

Beibehaltung der Ho

10. Hypothese

Beibehaltung der Ho

Tab. 7 (Ergebniszusammenfassung)

Abb. 11a (Hypothese 11, männlich)
Abb. 11a (Hypothese 11, männlich)
Abb. 11b (Hypothese 11, weiblich)
Abb. 11b (Hypothese 11, weiblich)

Damit sind alle Hypothesen bis auf die 11. Hypothese behandelt. Die 6. Regression hat den Zweck, sich an 11. Hypothese anzunähern. Das Scatterplot des Gesamtaffektes in bezug auf die Erregung läßt keinen kurvili­nearen Zusammenhang erkennen. (siehe Abb. 11a und Abb. 11b) Dies war auch nicht zu erwarten, da schon alleine die Einflußfaktoren auf die Einzelaffekte, zu einer Verzerrung führen. Dabei sind dann mögliche andere Einfluß­faktoren auf den Ge­samtaffekt noch nicht berücksichtigt. Um der Bestäti­gung der Hypothese ein wenig näher zu kommen, wurde des­halb folgender Weg eingeschlagen. Der Gesamtaffekt wurde um den Risikoaffekt und damit auch um alle diesen beeinflussenden Faktoren be­reinigt. Damit enthält der verbleibende Affekt annahmegemäß nur noch den Abwechslungsaffekt und die diesen beeinflussenden Faktoren, wenn von möglichen anderen Affekten abstra­hiert wird. Die Regression mit den Faktoren des Abwechslungsaffektes bringt erwartungsgemäß eine hohe Erklärung der Varianz, die bei Männern und Frauen ähnlich ist und mit etwa 35% sogar noch über dem Bestimmtheitsmaß der Regression 1.a mit 12% für Frauen und 19% für Männer liegt. Wenn zu der Varianzerklärung in der 6. Regression die Varianzaufklärung in der Regression 2.a gerechnet wird, dann werden hier Werte um 60% erreicht. Dies deutet darauf hin, daß der Gesamtaffekt in erster Linie durch die dargestellten Faktoren bedingt wird. In der 6. Regression konnten, mit einem Signifikanzniveau von über 99,99% und einem vergleichsweise engen Konfidenzintervall, gute Ergebnisse für den Regressor Gewöhnung erreicht werden. Dabei sind die ermittelten Koeffizienten für die Gewöhnung für beide Geschlechter in etwa gleich. Die Ergebnisse für das ursprüngliche Abwechslungspotential sind nicht signifikant. Die Ergebnisse für das Reizbedürfnis sind zwar auf einem Niveau von 99% für Frauen und 93% für Männer signifikant, die Koeffizienten haben jedoch nicht das vorhergesagte Vorzeichen.

Die 6. Regression wurde zusätzlich in einer modifizierten Weise durchgeführt, indem aus dem Gesamtaffekt nicht der Risikoaffekt herausgerechnet wurde, sondern statt dessen der Abwechs­lungsaffekt. Das Ergebnis der anschließenden Regression, vor allem die Varianzaufdeckung, war jedoch nicht sehr erfolgreich. Dies ist vermutlich in erster Linie darauf zurückzuführen, daß es bei dem Risikoaffekt nicht so gut wie bei dem Abwechslungsaffekt gelungen ist, eine Skalen­transformation vorzunehmen. So gleicht der Graph des Abwechslungsaffektes recht gut der Logarithmuskurve, während die Annäherung der Risikoaffektkurve durch die Kurve zweiten Grades nicht so gut gelungen ist. Darüber hinaus könnten die Validitätsprobleme des Konstruk­tes Konsequenzen eine Rolle spielen.

Inhaltliche Analyse

Der zu bestätigende Gedankengang lautete wie folgt: Es besteht eine lineare Abhängigkeit zwischen dem Gesamtaffekt und der Wiederkaufwahrscheinlichkeit. Der Gesamtaffekt hat in Abhängigkeit von der Erregungsstärke die Form eines umgedrehten Us. Der Gesamtaffekt setzt sich in erster Linie aus den zwei Einzelaffekten Risikoaffekt und Abwechslungsaffekt zusam­men. Diese beiden Einzelaffekte haben in Abhängigkeit von der Erregungsstärke einen Kurven­verlauf, der in der Addition zu dem umgedrehten U führen kann. Auf die beiden Einzelaffekte haben neben der Erregungsstärke vor allem persönliche Prädispositionen und ursprüngliche Erregungspotentiale einen Einfluß.

Die lineare Abhängigkeit zwischen dem Gesamtaffekt und der Wiederkaufwahrscheinlichkeit konnte in diesem Sinne nicht nachgewiesen werden, da die 5. Regression aufgrund des F-Tests aus der weiteren Analyse ausgeschlossen wurde. Auf der anderen Seite konnte in der 4. Re­gression eine relativ starke lineare Abhängigkeit zwischen der Summe aus Abwechslungsaffekt und Risikoaffekt und der Wiederkaufwahrscheinlichkeit bestätigt werden. Problematisch ist damit die Frage, ob der Gesamtaffekt noch weitere entscheidende Faktoren enthält. Diesem Problem kommt man durch die 3. Regression näher. Die 3. Regression zeigt einen starken linearen Zusammenhang zwischen der Summe der Einzelaffekte und dem Gesamtaffekt. Unter diesen Voraussetzungen ist es verwunderlich, daß ein Zusammenhang zwischen Gesamtaffekt und Wiederkauf­wahrschein­lichkeit nicht bestehen soll. Dieses Ergebnis kann auf zwei Weisen in­terpretiert werden. Zum einen ist es denkbar, daß ein weiteres starkes Motiv, das in dieser Untersuchung nicht erfaßt wurde, den Zusammenhang stört. Zum anderen ist es denkbar, daß die Operationalisierung fehlerhaft war. Untermauert wird letztere Möglichkeit durch die mehrdeutigen Ergebnisse der Validitätsüberprüfung und dem relativ niedrigen Wert der Relia­bilitätsüberprüfung für das Konstrukt GESAFF_X. Daneben könnte die Verletzung der Normalverteilungsannahme zu diesem Ergebnis geführt haben.

Festgehalten werden kann, daß unabhängig von anderen intrinsischen Motivationen, denn SUMAFF_X besteht ja nur aus den beiden hier betrachteten Affekten und unabhängig von extrinsischen Motivationen – diese wurden in der Regression 4. durch einen SELECT-Befehl heraussortiert – ein starker Zusammenhang zwischen der Summe der zwei Einzelaffekten und der Wiederkaufwahrscheinlichkeit besteht. Damit kann man die Hypothese, daß ein Zusammen­hang zwischen dem Gesamtaffekt und der Wiederkaufwahrscheinlichkeit besteht, für das eingeschränkte Untersuchungsobjekt dieser Arbeit als bestätigt ansehen. Anders ausgedrückt kann man sagen, daß die Wiederkaufwahrscheinlichkeit von der Stärke und der Ausrichtung des Gesamtaffektes abhängig ist.

Um die Form des Zusammenhanges, also das umgedrehte U, für den Gesamtaffekt bestätigen zu können, ist der Umweg über die beiden Einzelaffekte notwendig. Es wird davon ausgegangen, daß das Erregungspotential mit zunehmender Gewöhnung abnimmt. Das heißt, sowohl das Risikopotential, als auch das Abwechslungspotential nehmen mit zunehmen­der Gewöhnung ab. Diese führt jedoch definitionsgemäß dazu, daß die beiden entsprechenden Affekte an Intensität abnehmen. Laut Hypothese 2. und 4. ist der Zusammenhang zwischen Gewöhnung und den Affekten nicht linear, sondern im Fall des Abwechslungsaffektes log­arithmisch und im Fall des Risikoaffektes kann der Zusammenhang durch eine Kurve zweiten Grades näherungsweise beschrieben werden. Sowohl die jeweilige Abhängigkeit der Affekte von der Entwicklung der Gewöhnung, als auch der Verlauf der Kurven konnte durch die Untersuchung bestätigt werden. Durch verschiedene Einflußfaktoren können die Kurven der Affekte, laut dem Hypothesensystem horizontal oder vertikal verschoben sein. Der Einfluß dieser Faktoren konnte nicht eindeutig nachgewiesen werden. Zwar konnte der Einfluß des ursprünglichen Abwechslungs­potentials auf die Höhe des aktuellen Abwechslungspotentials und damit dem Abwechslungsaffekt mit hoher Wahrscheinlichkeit bestätigt werden, die Ab­hängigkeit des Risikoaffektes von dem ursprünglichen Risikopotential mußte dagegen abgelehnt werden. Daß im Bereich des ursprünglichen Risikopotentials Probleme bestehen, konnte schon im Rahmen der Voruntersuchung beobachtet werden. Anscheinend ist es nicht gelungen, diese Verzerrungen auszuschalten. Darauf deutet auch die Validitätsüberprüfung hin, bei der die höchsten Ladungen für KONSOZUR und KONPHYUR, als zwei wichtige Risikobereiche, auf einem anderen Faktor zu finden sind als die übrigen Risikodimensionen. Auch die Vermu­tung, daß durch Beachtung des Involvements eine Verbesserung des Ergebnisses zu erreichen sei, konnte für den Risikoaffekt durch Regression 2.b nicht bestätigt werden.

Ähnlich verhält es sich bezüglich des Reizbedürfnisses und der Risikotoleranz. Bei beiden Persönlichkeitsmerkmalen kann durchgängig kein Einfluß auf die Affekte angenommen werden. In den Fällen, in denen die Signifikanzwerte doch ein wenig niedriger sind, sind die Vorzeichen durchgängig anders als in den Hypothesen angenommen. Für dieses Ergebnis kann diese Arbeit keine Erklärung liefern. Bei beiden Konstrukten zeigen sowohl die Validitäts-, als auch die Reliabilitätsüber­prüfungen sehr gute Werte. Zwei Erklärungen sind denkbar. Zum einen kann die Modell­spezi­fikation falsch sein und diese beiden Faktoren haben wirklich keinen Einfluß auf die Affekte. Dies ist aus logischen Gesichtspunkten relativ unwahrscheinlich, die Klärung muß aber der zukünftigen Forschung überlassen bleiben. Zum zweiten wäre denkbar, daß sich im Bereich der gering­wertigen Wirtschaftsgüter sowohl Abwechslungsaffekt, als auch der Risiko­affekt auf einem so niedrigen Niveau bewegen, daß der Einfluß der Risikotoleranz und des Reizbedürfnisses zu gering ist um nachgewiesen werden zu können. Diese Frage kann im Rahmen dieser Untersuchung mit den vorliegenden Daten nicht geklärt werden.

Interessant ist der Einfluß, den das Involvement auf den Abwechslungsaffekt hat. Der Zusam­menhang wird auf einem Signifikanzniveau von über 99,99% bestätigt und die Bedeutung des Involvements liegt weit über dem der anderen Einflußfaktoren. Eine theoretische Erklärung kann diese Untersuchung nicht liefern. Es bleibt nur festzuhalten, daß, je größer das Involvement ist, desto positiver wird der Abwechslungsaffekt erlebt. Erste Hinweise auf die Lösung dieses Problems könnten aus der Validitätsüberprüfung gezogen werden, in dessen Rahmen starke Ladungen der Involvement-Items auf den Faktoren zu beobachten waren, auf denen auch Gewöhnung und Unsicherheit starke Ladungen zeigten. Darüber hinaus ist eine stärkere Kollinearität mit anderen Regressoren zu vermuten. Im Rahmen dieser Untersuchung wird auf diesen Sachver­halt nicht weiter eingegangen. Eine denkbare Hypothese für weitere Unter­suchungen wäre, daß ein hohes Involvement die positiven Reize der Situation intensiver erscheinen läßt, wodurch sich auch die Wirkung der Gewöhnung verändert.

Der Nachweis, daß sich der Gesamtaffekt aus den beiden Einzelaffekten zusammensetzt, wird in zwei Schritten geführt. Zunächst wird in Regression 3. ein linearer Zusammenhang zwischen der Summe der beiden Einzelaffekte und dem Gesamtaffekt mit hoher Wahrscheinlichkeit bestätigt. Danach wird der Risikoaffekt aus dem Gesamtaffekt herausgerechnet und überprüft, inwieweit der restliche Affekt den Kurvenverlauf des Abwechslungsaffektes hat und von den gleichen Faktoren abhängig ist. Hier konnte eine hohe Aufklärung der Varianz erreicht werden. Diese lag sogar weit über dem Bestimmtheitsmaß, das bei der Regression auf den operationali­sierten Abwechslungsaffekt ermittelt wurde. Allerdings waren bei der 6. Regression die Ergeb­nisse für das ursprüngliche Abwechslungspotential nicht signifikant und die Vorzeichen des Reizbedürfnisses hatten die falsche Orientierung. Nach diesen Ergebnissen kann mit einer großen Wahrscheinlichkeit davon ausgegangen werden, daß sich der Gesamtaffekt in diesem Fall hauptsächlich aus dem Risikoaffekt und dem Abwechslungsaffekt zusammensetzt. Da die Kurvenverläufe der Einzelaffekte bestätigt wurden, kann unter den Bedingungen, die bei der Hypothesenexplikation dargelegt wurden, von einem Kurvenverlauf in der Form eines umge­drehten Us ausgegangen werden.

Insgesamt kann das Konzept als bestätigt angesehen werden. Die Zusammenhänge zwischen der Gewöhnung, also der Erregungsstärke, und der Affektstärke, sowohl dem Risiko- als auch dem Abwechslungsaffekt, wurden jeweils mit hoher Wahrscheinlichkeit bestätigt. Dabei erwiesen sich sogar die vorausgesagten Kurvenverläufe als sehr wahrscheinlich. Damit sind die zentralen Aussagen dieser Arbeit bestätigt, die sich ja nur auf diesen Zusammenhang bezogen. Alle Aussagen über ursprüngliche Erregungspotentiale und persönliche Determinanten waren nur aufgrund der hier vorgenommenen Operationalisierung notwendig. Wenn bei diesen Varia­blen kein Zusammenhang nachgewiesen werden konnte, dann ändert dies an der Validität des Konzeptes nichts. Vielmehr führt dies nur zu der Aussage, daß diese Variablen wohl keinen Einfluß auf den Zusammenhang zwischen Erregungsstärke und Gesamtaffekt haben und deshalb auch nicht herauspartialisiert werden müssen. Entsprechend sind die schlechten Ergebnisse, vor allem im Bereich der intervenierenden Variablen wie Reizbedürfnis, Risikotole­ranz, ursprüng­liches Abwechslungs- und Risikopotential, zu interpretieren.

Bei der Variable ursprüngliches Abwechslungspotential konnte teilweise ein relativ starker Einfluß nachgewiesen werden. Dies bedeutet, daß wenn ein Produkt zu Beginn der Konsumtion ein hohes Abwechslungspotential gehabt hat, ihr Abwechslungsaffekt tendenziell immer höher liegen wird, als bei einem Produkt, das von vornherein ein eher niedriges Abwechslungspoten­tial hatte. Mit höherem ursprünglichen Abwechslungspotential wird die Kurve des Abwechs­lungspotentials horizontal in Richtung größerer Erregung verschoben.

Der Einfluß der Variable „ursprüngliches Risikopotential“ konnte nicht nachgewiesen werden. Dies deutet darauf hin, daß die Entwicklung des Risikopotentials unabhängig von dem, vor der ersten Konsumtion wahrgenommenen Risiko ist. Erklären könnte man dieses Ergebnis dadurch, daß das wahrgenommene Risikopotential durch die erste Konsumtion auf ein bestimmtes Maß reduziert wird, das nicht von dem ursprünglichen Risikopotential, sondern von anderen Faktoren abhängig ist. Die Klärung dieses Zusammenhanges muß jedoch späterer Forschung vorbehalten bleiben.

Weder in bezug auf die Risikotoleranz, noch in bezug auf Reizbedürfnis, konnte ein Zusam­menhang zum entsprechenden Erregungspotential nachgewiesen werden. Zunächst muß das Ergebnis so wie es ist, interpretiert werden. Das Ergebnis macht die Aussage, daß die Wahr­nehmung von Risiko und Abwechslung nicht von diesen beiden Persönlichkeitsdeterminanten abhängig ist; zumindest nicht in der hier operationalisierten Form. Damit führt ein unterschiedli­ches Reizbedürfnis oder eine unterschiedliche Risikotoleranz nicht zu einer vertikalen Verschie­bung der entsprechenden Kurve der Affekte. Dieses Ergebnis ist aufgrund der theoretischen Zusammenhänge nicht erklärbar, zumal bei den meisten aktivationstheoretischen Konzepten ausdrücklich ein individuell unterschiedlicher Kurven­verlauf gefordert wird. Eine Klärung muß deshalb weiterer Forschung vorbehalten bleiben. Wenn einzelne Konsumenten über einen längeren Zeitraum beobachtet werden können, sind solche nivellierenden Variablen ohnehin nicht nötig.

Kritische Diskussion der empirischen Untersuchung

Die empirische Untersuchung kann im großen und ganzen als erfolgreich bezeichnet werden. Trotzdem gibt es noch eine ganze Reihe von Optimierungsmöglichkeiten, auf die im folgenden kurz eingegangen wird.

Zunächst war der Fragebögen eindeutig zu lang. Dies erklärt vermutlich die relativ bescheidene Rücklaufquote der Fragebogen in der Hauptuntersuchung. Aufgrund verschiedener Rückmel­dungen war es vor allem der Teil in dem Risikotoleranz und Reizbedürfnis abgefragt wurden, der den Befragten die Motivation zur Ausfüllung des Fragebogens nahm. Diese Problematik wurde schon in der Voruntersuchung deutlich, dort jedoch nicht wirklich ernsthaft verfolgt. Die Befragten, die den Fragebogen dennoch bis zum Ende ausfüllten, hatten glücklicherweise den übrigen Teil schon mit einer größeren Motivation bearbeitet. Vermutlich wäre es aus Gründen der Validität und Reliabilität kein Problem gewesen, vor allem den Itempool des Reizbedürfnis­ses drastisch zu kürzen. Unter Umständen könnten die schlechten statistischen Ergebnisse bezüglich der Persönlichkeitsdeterminanten auf die fehlende Motivation bei dem Ausfüllen dieses Teils des Fragebogens zurückzuführen sein.

Wie oben schon angesprochen wurde, könnte es möglich sein, daß die schlechten Ergebnisse bezüglich Reizbedürfnis und Risikotoleranz auf die Auswahl der Produkte zurückzuführen sind, da Risikopotential und Abwechslungspotential zu gering sind. Dieses Problem müßte in einer vergleichenden Untersuchung geklärt werden, sofern nicht eine befriedigende theoretische Erklärung für das hier gefundene Ergebnis gefunden wird. Denkbar wäre auch, daß die Skalen von Brengelmann[1] trotz hoher Validität und Reliabilität doch nicht die beschriebenen Persön­lichkeitsfaktoren treffen. Aufschlußreich könnte eine vergleichende Untersuchung mit der Sensation-Seeking Scale von Zuckerman[2] sein, die wesentlich abwechslungsreicher als die Skala von Brengelman ist.

Darüber hinaus waren die Items, die die Demographika betreffen überflüssig, da eine Auswer­tung im Rahmen dieser Arbeit den vertretbaren Umfang sprengen würde. Die Daten zum bisherigen Kaufverhalten waren zu wenig differenziert und auf einem sehr niedrigen Skalenni­veau, so daß sie nicht sinnvoll ausgewertet werden konnten.

Wie schon früher ausgeführt, sind die Konstrukte ursprüngliches Abwechslungs­potential und ursprüngliches Risikopotential nur Hilfsgrößen, da im Rahmen dieser Diplomar­beit keine Längsschnittuntersuchung durchgeführt werden konnte. Bei einer Längsschnittunter­suchung würde das Abwechslungspotential und das Risikopotential zu verschiedenen Zeitpunk­ten erhoben werden und die Entwicklung betrachtet. Die hier verwendeten Hilfgrößen sind problema­tisch, wie sich, wie oben ausgeführt, vor allem bei dem Konstrukt ursprüngliches Risikopo­tential zeigte. Vor allem die Items KONSOZUR und KONPHYUR sind in bezug auf ihre Validität als sehr schlecht zu beurteilen. Da auch die Ergebnisse bei RIAFFSOZ und RIAFF­PHY schlecht in bezug auf die Validität zu beurteilen sind, müßte bei einer erneuten Untersu­chung die Formulierung der Items in diesen Bereichen grundlegend überprüft werden.


[1] vgl.: Brengelmann, J. C.; von Quast, C., (1987), S. 79-81

[2] vgl.: Zuckerman, M., (1964)

Bedeutung für die theoretische Diskussion

Diese Untersuchung kann zum Fortschritt bei der Aufdeckung der Gründe für Markentreue beitragen. Zum einen wurde der Einfluß von Abwechslungs- und Risikopotential aufgezeigt. Zum anderen wurden diese Einflüsse in einen aktivationstheoretischen Kontext gebracht. Damit ist ein wichtiger Schritt zum Verständnis der Hintergründe von Markentreue gelungen. Das hier aufgestellte Konzept von Markentreue, hat nichts mehr mit den stochastischen Markentreue-Modellen zu tun, die in der Literatur durchgängig als Definition angeführt werden. Während diese Modelle darstellen, wie Markentreue zu erkennen ist und aufgrund dieser Einsicht ableiten, in welchem Umfang die Markentreue in der Zukunft auftreten wird, macht das hier bestätigte Konzept Aussagen darüber, warum Markentreue auftritt. Wenn die Ursachen der Markentreue bekannt sind, dann können auch auf diesem Wege Voraussagen abgeleitet werden. An verschiedenen Stellen wurde schon auf die Bedeutung der extrinsischen Motivatio­nen hingewiesen. Die in dieser Arbeit abgeleiteten Zusammenhänge beziehen sich zunächst ausschließlich auf intrinsische Motivationen. Da die extrinsischen Motivationen eine große Bedeutung für das Markenauswahlverhalten haben, ist es für das umfassende Verständnis des Phänomens Markentreue notwendig, auch diese Motivationen und deren Wechselwirkungen mit den intrinsischen Motivationen zu ergründen.

Diese Untersuchung soll auch dazu anregen, die aktivationstheoretischen Ansätze, also die Theorien des Such- und Entdeckungsverhaltens, kritisch zu betrachten. Diese sprechen immer nur von einer einheitlichen, unabhängigen Variablen, die eine ∩-Kurve bedingt. Zu überprüfen wäre, ob hier nicht zumindest zwei Faktoren vorliegen, die in einem Konfliktver­hältnis stehen und in einer entsprechenden Kurve resultieren.

Neben den sehr naheliegenden Übertragungen der Erkenntnisse auf andere Produktkategorien und Dienstleistungen, wäre eine Übertragung des Konzeptes auf Probleme der zwischen­menschlichen Partnerschaft, also dem Begriff der „Treue“ im engeren Sinne, vorstellbar und sicher fruchtbar. Auch hier ist ein Drang nach Abwechslung nicht zu verleugnen und auch hier birgt jede Untreue Risiken der verschiedensten Art in sich. Auch in der Partnerschaft sind das Bedürfnis nach Abwechslung und die Angst vor Bedrohungen oder Risiken im Zeitablauf einem Wandel unterworfen.

Zuletzt sei kurz darauf hingewiesen, daß in dieser Arbeit von zwei getrennten Motiven, einem Konsistenzmotiv und einem Motiv nach Abwechslung ausgegangen wurde und damit keine Probleme auftraten. Dies sei als Anstoß zu weiterer Forschung zu der Frage eines eigenständi­gen Abwechslungsmotivs zu verstehen.

Bedeutung für die Markenpolitik

Abwechslungspotential und Risikopotential haben sich als zwei wichtige Determinanten der Markentreue erwiesen. Damit hat die Markenpolitik zwei Angriffspunkte, an denen sie ansetzen kann um das Verhalten der Konsumenten gezielt zu beeinflussen. Das Ziel der Markenpolitik ist es den Konsumenten an die Marke zu binden. Die Rezepte, wie dies erreicht werden kann, können relativ einfach aus dieser Untersuchung abgeleitet werden. Wie diese Rezepte dann psychologisch effektiv in die Realität umgesetzt werden können, ist eine andere Frage.

Das erste Rezept lautet: „Sorge dafür, daß Deine Marke nie langweilig wird.“ Dabei sollte die Markenpolitik sich zunächst nicht an der ∩-Kurve orientieren, da diese Kurve, wie sie zum Beispiel bei Berlyne[1] abgeleitet ist, das gesamte Erregungspotential, inklusive dem Risikopo­tential enthält. Anders verhält es sich mit den Aussagen von Kroeber-Riel[2] über den Zusam­menhang von Affekt und Neuartigkeit. Er macht klare Aussagen über den Zusammenhang zwischen Abwechslungsaffekt und Reizintensität und darüber, daß es einen Scheitelpunkt gibt. Er sagt aber im weiteren, daß dieser Scheitelpunkt in der Konsumentenforschung normaler­weise nicht erreicht wird. Die Markenpolitik kann also zunächst ohne Rücksicht auf negative Affekte das Abwechslungspotential der Marke erhöhen. Selbstverständlich können Probleme in anderen Bereichen, wie zum Beispiel Wiederer­kennungsvermögen oder Mißfallen der Neue­rung an sich auftreten, diese sind jedoch nicht Inhalt dieser Untersuchung, da es sich dabei um extrinsische Motivationen handelt.

Zweites Rezept ist, das Risikopotential der eigenen Marke möglichst niedrig zu halten und das Risikopotential der anderen Marken oder eines Wechsels möglichst groß darzustellen. Gerade im Bereich der Risikoreduktion beim eigenen Produkt, gibt es im Marketing eine ganze Reihe von Standardinstrumenten wie Gratisproben, Umtausch- oder Rückgabegarantie, Mei­nungsführerwerbung usw.

Bei beiden Rezepten ist zu beachten, daß die Markenpolitik nur die Möglichkeit hat, das aktuelle Bild der Marke zu beeinflussen. Sie hat weder die Möglichkeit nachträglich das ur­sprüngliche Abwechslungspotential, noch das ursprüngliche Risikopotential zu verändern. Außerdem kann sie kaum Einfluß auf das Reizbedürfnis und die Risikotoleranz des einzelnen nehmen.

Bisher wurde mehr oder weniger explizit immer nur von Produkten gesprochen. Sicher ist es möglich die hier gefundenen Erkenntnisse auch auf Dienstleistungen zu übertragen. Ob aller­dings Markentreue eine übliche Risikoreduktionsstrategie im Bereich der Dienstleistungen ist, bleibt zu klären. Guseman kam zumindest zu folgendem Schluß: „…it was found that services, as a whole, were percei­ved as beeing more risky than products…. that consumers use diffe­rent risk reduction strategies for services than they do for products.“[3] Aufgrund des größeren wahrgenommenen Risikos und der hohen Wahrscheinlichkeit der Markentreue als Risikoreduk­tionsstrategie im Produktbereich ist es nicht unwahrscheinlich, daß Markentreue auch eine angemessene Strategie im Dienstleistungsbereich ist.

Generell können die gefundenen Ergebnisse nicht ungetestet auf andere Länder übertragen werden. Wie schon Verhage[4] in seiner Untersuchung feststellte, gibt es erhebliche nationale Unterschiede bezüglich der Risikowahrnehmung und dem Zusammenhang zwischen wahrge­nommenem Risiko und Markentreue. Es wäre unter Umständen möglich, daß diese Unterschie­de auf einen Unter­schied, bezüg­lich der in dem dargestellten Konzept verwandten intervenie­renden Variablen insbesondere der Risikotoleranz und dem Reizbedürfnis zurückzuführen ist. Diese Hypothese scheint durchaus plausibel, da die Risikotoleranz und das Reizbedürfnis sicher in einem engen Zusammenhang mit dem Temperament stehen. Tempera­ment variiert stark zwischen verschiedenen Nationalitäten. Dazu muß jedoch zunächst generell, in weiteren wissenschaftlichen Untersuchungen, der Einfluß der beiden Persönlichkeitsdeterminanten geklärt werden.


[1] vgl.: Berlyne, D. E., (1960)

[2] vgl.: Kroeber-Riel, W., (1992), S. 77

[3] Guseman S. D., (1981), abstract

[4] vgl.: Verhage, Bronislaw J., (1990)

Fazit und Ausblick

Die Untersuchung kann trotz der ausgeführten Probleme und Fehler als erfolgreich bezeichnet werden, weil die aus theoretischen Vorarbeiten abgeleiteten Hypothesen zu einem großen Teil bestätigt werden konnten.

Markentreue konnte, in bezug auf die intrinsischen Motivationen, als das Ergebnis eines intraindividuellen Konfliktes bestätigt werden. Die vermuteten Einflußfaktoren Abwechslungs­appetenz und Risikoaversion zeigten eine große Erklärungskraft für die Entwicklung der Markentreue, bei sich verändernder Erregung aufgrund der wahrgenommenen Eigenschaften des Produktes. Damit konnte ein Beitrag zur Aufklärung des Phänomens Markentreue geleistet werden. Die naive Ausgangshypothese, wie sie zu Beginn des theoretischen Teils dargestellt wurde, kann darüber hinaus als bestätigt angesehen werden. Neben der Bestätigung wurde jedoch auch klargestellt, warum diese Hypothese richtig ist. Gleichzeitig wurde das Phänomen Markentreue in den aktivationstheoretischen Rahmen eingeordnet. Außerdem wurde Marken­treue vor allem unter lerntheoretischen und konsistenz­theoretischen Hintergründen betrachtet, um daraus die theoretische Fundierung für das Konzept zu ziehen. Die Bestätigung des Kon­zeptes kann gleichzeitig auch als Nachweis für die richtige Zuordnung der theoretischen Zusammenhänge gewertet werden.

Nachdem das Konzept im Rahmen dieser Untersuchung mit vergleichsweise geringem Zeitauf­wand getestet wurde, erscheint es nach dessen weitgehender Bestätigung sinnvoll, mit dem gleichen Konzept eine Längsschnittuntersuchung durchzuführen. Das explizierte Konzept eignet sich in besonderem Maße dazu, im Rahmen einer Längsschnittuntersuchung geprüft zu werden. Die im Rahmen dieser Untersuchung vorgenommene Operationa­lisierung, leitet sich aus der Notwendigkeit ab, die Untersuchung in einem sehr begrenzten Zeitraum durchführen zu müssen. Aus diesem Grunde reichte es nicht aus, die aktuellen Einstellungen abzufragen, sondern es waren immer auch Aussagen über die Vergangenheit und die Zukunft nötig. Solche Aussagen können jedoch durch die verschiedensten Einflüsse verfälscht werden. Erstrebenswert wäre es den Risikoaffekt und den Abwechslungs­affekt einzelner Personen über einen längeren Zeitraum zu erfassen. Das Konzept an sich braucht für eine Längsschnittuntersuchung nicht ge­ändert zu werden. Die Variable Gewöhnung für die Vielzahl der Befragten braucht nur durch Nutzungszeit oder Konsumtionen bei einem einzelnen Individuum ersetzt zu werden. Damit verlieren auch die Variablen Risikotoleranz und Reizbedürfnis an Bedeutung, da nicht jeder Punkt der erwarteten Kurve von einer anderen Person kommt, sondern alle Punkte von der gleichen Person.