Abwechslungspotential und Risikopotential haben sich als zwei wichtige Determinanten der Markentreue erwiesen. Damit hat die Markenpolitik zwei Angriffspunkte, an denen sie ansetzen kann um das Verhalten der Konsumenten gezielt zu beeinflussen. Das Ziel der Markenpolitik ist es den Konsumenten an die Marke zu binden. Die Rezepte, wie dies erreicht werden kann, können relativ einfach aus dieser Untersuchung abgeleitet werden. Wie diese Rezepte dann psychologisch effektiv in die Realität umgesetzt werden können, ist eine andere Frage.
Das erste Rezept lautet: „Sorge dafür, daß Deine Marke nie langweilig wird.“ Dabei sollte die Markenpolitik sich zunächst nicht an der ∩-Kurve orientieren, da diese Kurve, wie sie zum Beispiel bei Berlyne[1] abgeleitet ist, das gesamte Erregungspotential, inklusive dem Risikopotential enthält. Anders verhält es sich mit den Aussagen von Kroeber-Riel[2] über den Zusammenhang von Affekt und Neuartigkeit. Er macht klare Aussagen über den Zusammenhang zwischen Abwechslungsaffekt und Reizintensität und darüber, daß es einen Scheitelpunkt gibt. Er sagt aber im weiteren, daß dieser Scheitelpunkt in der Konsumentenforschung normalerweise nicht erreicht wird. Die Markenpolitik kann also zunächst ohne Rücksicht auf negative Affekte das Abwechslungspotential der Marke erhöhen. Selbstverständlich können Probleme in anderen Bereichen, wie zum Beispiel Wiedererkennungsvermögen oder Mißfallen der Neuerung an sich auftreten, diese sind jedoch nicht Inhalt dieser Untersuchung, da es sich dabei um extrinsische Motivationen handelt.
Zweites Rezept ist, das Risikopotential der eigenen Marke möglichst niedrig zu halten und das Risikopotential der anderen Marken oder eines Wechsels möglichst groß darzustellen. Gerade im Bereich der Risikoreduktion beim eigenen Produkt, gibt es im Marketing eine ganze Reihe von Standardinstrumenten wie Gratisproben, Umtausch- oder Rückgabegarantie, Meinungsführerwerbung usw.
Bei beiden Rezepten ist zu beachten, daß die Markenpolitik nur die Möglichkeit hat, das aktuelle Bild der Marke zu beeinflussen. Sie hat weder die Möglichkeit nachträglich das ursprüngliche Abwechslungspotential, noch das ursprüngliche Risikopotential zu verändern. Außerdem kann sie kaum Einfluß auf das Reizbedürfnis und die Risikotoleranz des einzelnen nehmen.
Bisher wurde mehr oder weniger explizit immer nur von Produkten gesprochen. Sicher ist es möglich die hier gefundenen Erkenntnisse auch auf Dienstleistungen zu übertragen. Ob allerdings Markentreue eine übliche Risikoreduktionsstrategie im Bereich der Dienstleistungen ist, bleibt zu klären. Guseman kam zumindest zu folgendem Schluß: „…it was found that services, as a whole, were perceived as beeing more risky than products…. that consumers use different risk reduction strategies for services than they do for products.“[3] Aufgrund des größeren wahrgenommenen Risikos und der hohen Wahrscheinlichkeit der Markentreue als Risikoreduktionsstrategie im Produktbereich ist es nicht unwahrscheinlich, daß Markentreue auch eine angemessene Strategie im Dienstleistungsbereich ist.
Generell können die gefundenen Ergebnisse nicht ungetestet auf andere Länder übertragen werden. Wie schon Verhage[4] in seiner Untersuchung feststellte, gibt es erhebliche nationale Unterschiede bezüglich der Risikowahrnehmung und dem Zusammenhang zwischen wahrgenommenem Risiko und Markentreue. Es wäre unter Umständen möglich, daß diese Unterschiede auf einen Unterschied, bezüglich der in dem dargestellten Konzept verwandten intervenierenden Variablen insbesondere der Risikotoleranz und dem Reizbedürfnis zurückzuführen ist. Diese Hypothese scheint durchaus plausibel, da die Risikotoleranz und das Reizbedürfnis sicher in einem engen Zusammenhang mit dem Temperament stehen. Temperament variiert stark zwischen verschiedenen Nationalitäten. Dazu muß jedoch zunächst generell, in weiteren wissenschaftlichen Untersuchungen, der Einfluß der beiden Persönlichkeitsdeterminanten geklärt werden.
[1] vgl.: Berlyne, D. E., (1960)
[2] vgl.: Kroeber-Riel, W., (1992), S. 77
[3] Guseman S. D., (1981), abstract
[4] vgl.: Verhage, Bronislaw J., (1990)