Bei der Auswahl der Produkte wurde vor allem auf zwei Kriterien Wert gelegt. Zum einen sollte das Produkt eine gewisse „soziale Sichtbarkeit“ besitzen und zum anderen sollte es sich um ein Produkt handeln, bei dem man, unter anderem aufgrund der sozialen Sichtbarkeit, davon ausgehen kann, daß das Involvement beim Kauf relativ groß ist.
Das Involvement soll sicherstellen, daß es sich bei den Kaufhandlungen nicht um habituelle Kaufhandlungen handelt, sondern daß immer noch ein bewußter Entscheidungsprozeß abläuft. Die „soziale Sichtbarkeit“ stellt zumindest sicher, daß der Bereich des sozialen Risikos mehr oder weniger bei allen Befragten zu erwarten ist.
Daß Produkte ausgewählt wurden, bei denen auf der einen Seite Markentreue und auf der anderen Seite gelegentlicher Produktwechsel zu erwarten ist, geht aus dem Untersuchungsziel hervor. Zusätzlich mußte es sich um Produkte mit einer überschaubaren Kauffrequenz handeln. Das heißt, der Befragte muß auf der einen Seite eine ungefähre Vorstellung davon haben, wie oft er das Produkt schon konsumiert hat, auf der anderen Seite darf die Zeitspanne zwischen einzelnen Kaufhandlungen nicht so groß sein, daß der Konsument sich nicht mehr an die vorige Kaufhandlung erinnern kann. Ob die Länge der Zeitspanne zwischen den Kaufhandlungen einen Einfluß auf die Wiederkaufwahrscheinlichkeit hat, ist umstritten. Es gibt Fälle, in denen durch eine längere Zeit die Wiederkaufwahrscheinlichkeit abnimmt. Es gibt auch Fälle, in denen diese Zeitspanne keinen Einfluß auf die Wahrscheinlichkeit hat.[1] Nach Kuehn[2] wäre es auch durchaus vertretbar zu behaupten, daß die Wiederkaufwahrscheinlichkeit mit der Länge der Zeitspanne zwischen den Kaufaktionen zunimmt. Aus diesem Grund werden Produkte ausgewählt, bei denen die Zeitspanne zwischen den Kaufhandlungen im Rahmen einer Fragebogenaktion als angemessen erscheint. Die Befragten sollten sich an mehrere aufeinanderfolgende Kaufhandlungen erinnern können. Der Effekt aufgrund der Länge der Zeitspanne wird nicht weiter untersucht werden. Es sollte sich darüber hinaus um ein Produkt handeln, daß von einem großen Teil der Befragten in mehr oder minder großem Umfang benutzt wird.
Die Produkte in der ausgewählten Produktkategorie sollten weitgehend eindeutig markiert sein. Kroeber-Riel geht davon aus, daß die Markentreue umso größer ist, je stärker die Markierung bei dem Produkt hervortritt.[3]
Aufgrund der oben genannten Kriterien, wurden nach der ausführlichen Diskussion im Colloquium und Nachbereitung der Argumente im engeren Kreis, zwei Produkte ausgewählt. Statt dem Befragten, wie ursprünglich geplant, freie Auswahl zwischen alternativen Produkten zu lassen, wurde die Zuordnung der Produkte an das Geschlecht gebunden. Es wurde ein Produkt für Frauen und eines für Männer festgelegt. Dieses Vorgehen sollte die technische Durchführung der Befragung erheblich erleichtern und die Anzahl der Daten je Produktkategorie von vornherein sicherstellen.
Für Männer wurde After Shave als geeignete Produktkategorie ausgewählt. Durch seinen Geruch besitzt dieses Produkt eine gewisse „soziale Sichtbarkeit“, da gerade der Geruch der allgemeinen Kritik preisgegeben ist. Schon aus diesem Grunde ist von einem Involvement beim Kauf von Produkten aus dieser Produktkategorie auszugehen. Die „soziale Sichbarkeit“ trägt vermutlich sehr stark zur Markentreue in diesem Bereich bei, da ein neuer Geruch immer ein gewisses Maß an Mut erfordert, diesen auch vor anderen Menschen zu präsentieren. Auf der anderen Seite kann man davon ausgehen, daß die soziale Umwelt im Zuge von Modeentwicklungen, ein gewisses Maß an Abwechslung verlangt. Unterstützt wird dieser Effekt dadurch, daß zum einen der Geruch, als auch das Markenimage einem Sättigungsprozeß unterliegen. Die Markenimages neuer Marken sind oft darauf angelegt, Neugier zu erzeugen. Darüber hinaus wird das Involvement dadurch gefördert, daß der Kauf eines After Shaves, je nach Marke, auch finanzielle Bedeutung haben kann.
Die meisten After Shaves sind durch ein eindeutig ausgeprägtes Markenimage ausgezeichnet, was nach Meinung Kroeber-Riels die Markentreue fördert. Die Zeitspanne zwischen zwei Kaufaktionen ist meist durchaus überschaubar, zumal oft eine neue Marke gekauft wird bevor das alte Produkt aufgebraucht ist.
Bei den Frauen fiel die Wahl auf die Produktkategorie der Nylonstrümpfe.
Nylonstrümpfe besitzen eine gewisse „soziale Sichtbarkeit“, zumal sich in den letzten Jahren immer stärker auch aufwändig gemusterte Produkte im Markt etabliert haben. Es besteht ein erhöhtes soziales und psychologisches Risiko, da Laufmaschen bei wichtigen Gelegenheiten als peinlich empfunden werden. Darüber hinaus ist besonders bei auffällig gemusterten Strümpfen das gleiche zu sagen, was auch schon bei der Produktkategorie des After Shaves gesagt wurde. Die soziale Umwelt kritisiert unter Umständen einen Wechsel, verlangt diesen jedoch teilweise auch.
Das Markenimage ist meist nicht so stark ausgeprägt, wie dies im Bereich des After Shaves der Fall ist. Demgegenüber ist jedoch auch nicht damit zu rechnen, daß das Bedürfnis nach Abwechslung so stark entwickelt ist. Es ist davon auszugehen, daß die Kauffrequenz durchschnittlich höher liegt als im Bereich des After Shaves. Da bei Nylonstrümpfen die Haltbarkeit eine große Rolle spielt, wird bei positiven Erfahrungen die Markentreue durch diesen Faktor unterstützt. Der finanzielle Faktor kann, je nach Marke, eine große Rolle spielen, da der Preis, wenn man die meist sehr kurze Haltbarkeit bedenkt, sehr hoch sein kann.
Bei beiden Produktkategorien ist grundsätzlich die Wahrnehmung eines hohen Abwechslungspotentials und eines hohen Risikopotentials zu Beginn möglich. Damit kann gemäß Kapitel „Zusammenfassung der Hypothesen“ eine ∩-Kurve erwartet werden.
[1] vgl.: Wierenga, B., (1974), S. 214
[2] vgl.: Kuehn, A. A., (1962)
[3] vgl.: Kroeber-Riel, W., (1992), S. 393