„Unbeantwortet ist bisher die Frage geblieben, wie sich die Entstehung des wahrgenommenen Risikos psychologisch erklären läßt.“[1] Zur Beantwortung dieser Frage finden sich in der Literatur kaum Hinweise, geschweige denn eine komplette Theorie. Häufig findet eine Bezugnahme auf die Dissonanztheorie statt, oder die Risikoempfindung wird allgemein als Konfliktempfindung aufgefaßt. So sagt von Rosenstiel zum Beispiel: „Dem wahrgenommenen Risiko wird somit, ähnlich wie einer dissonanten Erfahrung, motivationale Bedeutung beigemessen.“[2]
Hansen macht in seiner Definition implizit die enge Verwandtschaft zwischen Risiko, Inkonsistenz und Involvement deutlich. „As cognitive uncertainty increases,…, and consequently arousal increases. But uncertainty itself is not sufficient to elicit any significant amount of arousal. The „importance of“ or the „involvement with“ the problem must be considered also. If the matter is trivial, extreme uncertainty may be neglected, whereas if the problem is highly involving, only a little uncertainty is needed for considerable conflict to result.
Together the importance of the problem and the cognitive uncertainty define the amount of cognitive conflict. ….A multiplicative relationship has been suggested (Berlyne 1960). That is, uncertainty and importance are together the necessary and sufficient conditions for conflict to occur, and the absence of either one of them will eliminate the conflict. The nature of the interaction between uncertainty and involvement, however, is not fully understood. …under some circumstances the relationship between involvement and uncertainty may be additive.“[3]
Hansen macht durch diese Aussagen deutlich, daß Dissonanz, Risiko und Involvement miteinander in Verbindung stehen und daß die Erregung von diesen Faktoren in irgendeiner Art und Weise abhängig ist. Dieser Zusammenhang zwischen Konflikten und Erregung wird im nächsten Kapitel ausführlich behandelt.
Festhalten läßt sich, daß es einen Trieb nach Risikoreduktion gibt. Vermutlich läßt sich dieser Trieb auf das Konsistenzmotiv zurückführen. Damit wäre dieser Trieb vermutlich angeboren und Risikoreduktion ein primärer Verstärker.
Taylor[4] begründet die mit dem Risiko verbundene affektive Komponente, indem er davon ausgeht, daß Risiko ein Angstgefühl hervorruft, das an sich schon unangenehm ist. Das ist eine Möglichkeit, die affektive Komponente der Risikotheorie zu erklären, die für das später darzustellende Konzept benötigt wird und die mit Hilfe der Dissonanztheorie nur auf Umwegen zu erreichen gewesen wäre. Dieser Umweg sähe wie folgt aus: Eine wahrgenommene Dissonanz ist zwar ein kognitiver Vorgang, trotzdem führt die Wahrnehmung der Inkonsistenz zu einer entsprechenden Aktivierung. Entsprechend der Theorie von Schachter[5] wird diese Erregung interpretiert. Im Fall der Dissonanz dürfte die Interpretation negativ ausfallen. Damit kommt man auf dem Weg über die Dissonanztheorie ebenfalls zu einem negativen Affekt.
Wie schon deutlich wurde, sind die wissenschaftlichen Ergebnisse zur Risikotheorie nicht sehr konkret, was sich vielleicht auf die Schwerpunktsetzung im Bereich des Kaufverhaltens und damit eher betriebswirtschaftlichen Themensetzung zurückführen läßt.
Die Aussagen, die beide Theorien in bezug auf Risikoaversion im Rahmen von Kaufentscheidungen machen, stimmen weitgehend überein. Dabei ist der Teil der Dissonanztheorie, der auf die Risikotheorie angewendet werden kann, nur ein Spezialfall innerhalb der Dissonanztheorie. Es soll an dieser Stelle soweit gegangen werden, zu behaupten, daß die Risikotheorie weitgehend eine Konsistenztheorie ist. So sagt auch von Rosenstiel in diesem Zusammenhang:„… und man wird sich kaum der Gefahr einer unzulässigen Interpretationswillkür aussetzen, wenn man hinter dem Risikomodell gleichgewichtstheoretische Überlegungen vermutet.“[6]
Im einen Fall heißt der bestehende Zustand Risiko und im anderen Fall antizipierte Nachkaufdissonanz. Beide Zustände sind mit aversiven Reizen verbunden und streben damit nach ihrer Beendigung. Die Dissonanztheorie gibt eine ganze Reihe von möglichen Strategien zur Beseitigung dieses Zustandes vor. In dieser Situation erscheinen vor allem zwei Maßnahmen als angebracht: Informationsbeschaffung, um den dissonanten in einen konsonanten Zustand zu überführen oder Markentreue, um den dissonanten Zustand weitgehend zu umgehen.
[1] Rosenstiel von, L.; Ewald, G, (1979), S. 102
[2] Rosenstiel von, L.; Ewald, G.,(1979), S. 93
[3] Hansen, F., (1972), S. 72
[4] vgl.: Taylor, J. W., (1974), S. 54
[5] vgl.: Schachter, S., (1964)
[6] Rosenstiel von, L.; Ewald, G., (1979), S. 101