Markentreue zwischen Risikoaversion und Abwechslungsappetenz

Für jeden Markenartikelanbieter ist Markentreue eines der wichtigsten Sachziele. Das Ausmaß der Markentreue hat unmittelbaren Einfluß auf die Rentabilität der Kommuni­kationsaufwendungen und damit auf den Erfolg von Marketingmaßnahmen und die Gewinnsituation.

Markentreue bedeutet Bindung des Kunden an die Marke. Diese Bindung kann nur erreicht werden, wenn der Kunde bei jedem neuen Kauf sicher ist, daß der Wechsel zu einer anderen Marke seinen Nutzen nicht steigern würde. Wie kann dieses Bewußtsein erreicht werden? Der Kunde tritt mit einem ganzen Bündel von Erwartungen auf dem Markt auf. Ein Teil davon ist ganz spezifisch für die Produktkategorie und ein anderer Teil von Erwartungen ist grundsätzlich bei Kaufhandlungen vorhanden, egal welche Art Kaufhandlung der Kunde auch tätigt. Der Nutzen einer Marke ist davon abhängig, inwieweit die Marke diese Erwartungen befriedigt. Wir wollen uns hier vor allem mit dem zweiten Komplex von Erwartungen beschäftigen, um den hier getroffenen Aussagen eine möglichst große Allgemeingültigkeit zu verschaffen. In der Praxis sind in jeder Produktkategorie die Implikationen durch den ersten, spezifischeren Erwartungskomplex zusätzlich zu überprüfen. Die Auswirkungen durch den ersten Erwartungskomplex können, je nach Produktkategorie, die hier formulierten Ergebnisse unterschiedlich stark verfälschen.

Zu dem zweiten Erwartungskomplex wollen wir im folgenden zwei Teilklassen von Erwartungen zählen.

Inwieweit kann ich durch den Kauf der Marke mein Risiko (zeitlich, sozial, physisch, psychisch, finanziell, funktionell) reduzieren.

Inwieweit kann ich durch den Kauf der Marke mein Bedürfnis nach Abwechslung befriedigen.

Es ist ein durch die Aktivationstheorie begründeter Antrieb, sich immer wieder neuen Reizen auszusetzen oder bekannte Reize auf neue Aspekte hin zu “erforschen”. Dieses Verhalten ist auch im Rahmen von Kaufhandlungen zu beobachten. Wie anders sollte man sonst begründen, daß ein Produkt, das immer verfügbar ist und mit dem der Konsument seine Bedürfnisse befriedigen kann, nicht bis an das Ende seines Lebens weiter gekauft wird. Eine mögliche Erklärung sind sicher verbesserte Angebote. Oft findet aber auch ein Wechsel zwischen Produkten statt, die weitgehend die gleichen Produktleistungen bieten. Lern­theoretisch würde man vermuten, daß der Konsument die Handlung, für die er verstärkt wurde, nämlich den Kauf des zufriedenstellenden Produktes X, weiter ausführt, solange keine Erwartung besteht, daß ein Produkt Y seine Bedürfnisse besser befriedigt. Dies ist bei gleichen Produktleistungen nicht zu erwarten. Und trotzdem finden in der Realität nicht selten Wechsel zwischen vergleichbaren Produkten statt, die nicht durch die Produktleistung zu begründen sind. Die naheliegende Vermutung ist: Der Konsument ist motiviert, nachdem er sich mit seinem gewohnten Produkt auseinandergesetzt hat, dessen Reize kennt und sich daran gewöhnt hat, etwas Neues kennenzulernen. Er wird ein anderes Produkt oder eine andere Marke ausprobieren. Dies verschafft ihm unter Umständen eine große Anzahl neuer Reize, wodurch sein Bedürfnis nach Abwechslung befriedigt wird.

Warum wechselt der Konsument dann aber nicht nach jeder Konsumtion seine Marke, um immer wieder sein Bedürfnis nach Abwechslung zu befriedigen. Die Befriedigung eines Bedürfnisses oder eines Motivs bewirkt eine Verstärkung und müßte eigentlich zu einem häufigeren Auftreten dieses Verhaltens führen. Der Grund liegt in einem weiteren menschlichen Antrieb begründet, der Risikoaversion. Der Konsument hat ein gewisses Maß an Risiko, daß er akzeptiert; jedes weitere Risiko empfindet er als aversiv und versucht ihm aus dem Weg zu gehen. Nun ist aber jeder Markenwechsel mit einem Risiko verbunden. Dabei sind verschiedene Risikodimensionen denkbar, deren Gewichtung sicher interpersonell ganz verschieden sein kann. Je besser der Konsument seine gewohnte Marke kennt, desto mehr kann er die verschiedenen Risikodimensionen in bezug auf diese Marke ausschließen. Ein Wechsel zu einer unbekannten Marke würde dann immer ein Anstieg des Risikos bedeuten. Damit wäre jeder Wechsel zu einer neuen Marke mit einem Strafreiz verbunden und müßte eigentlich unterbleiben.

Durch die bisher dargestellten Zusammenhänge wird deutlich, daß der Konsument sich in der Kaufsituation einem Konflikt ausgesetzt sieht. Soll er seinem Trieb nach Abwechslung folgen und etwas Neues ausprobieren oder soll er zur Vermeidung von Risiken bei der gewohnten Marke bleiben. Wenn die beiden Einflüsse in bezug auf ihre aktivationstheoretischen und emotionalen Grundlagen näher untersucht werden, dann können gewisse Hypothesen über die Lösung dieses Konfliktes aufgestellt werden.

Die Wahrnehmung neuer Reize führt eher zu positiven Affekten und die Wahrnehmung risikogeladener Entscheidungssituationen eher zu negativen Affekten. Beide Affekte sind jedoch im Regelfall nicht getrennt voneinander wirksam, sondern heben sich gegenseitig auf. Denkbar ist zum Beispiel eine “subtraktive Aufrechnung” der beiden Affekte. Sowohl die Reizeigenschaften, als auch die Risikobewertung der aktuellen Marke ändern sich mit zunehmender Gewöhnung an dieselbe. Da zu vermuten ist, daß sich die Bewertung sowohl der Reizeigenschaften als auch der Risikoeigenschaften der Marke im Zeitablauf nicht linear, sondern eher kurvilinear verändern wird, kann es unter bestimmten Bedingungen zu einer im Zeitablauf zunächst ansteigenden und dann wieder abfallenden Markentreue kommen. Diese Entwicklung von markentreuem Verhalten konnte empirisch schon nachgewiesen werden.

Aus dem bisher Gesagten können nützliche Hinweise für die Ausgestaltung der Marken­politik gezogen werden, die hier in einem Satz zusammengefaßt werden sollen: “Gestalte Deine Marke so abwechslungsreich wie möglich und versuche dabei das perzipierte Risiko des Konsumenten so gering wie möglich zu halten.” Dieser an sich triviale Satz gewinnt seine Bedeutung im Marketing vor allem dadurch, daß davon ausgegangen wird, daß die beiden betrachteten Einflußfaktoren strikt getrennt voneinander zu beeinflussen sind. Damit kann die Neuartigkeit der Marke sehr stark gesteigert werden, solange mit Hilfe welcher absatzpolitischen Instrumenten auch immer, die Risikoempfindung niedrig gehalten wird. Die steigende Neuartigkeit führt unter dieser Bedingung zu einer steigenden affektiven Bewertung der Marke.

Mehr unter markentreue.com.

Management Summary – Markentreue zwischen Risikoaversion und Abwechslungsappetenz – Erfolgreiche Marketingstrategien

Für jeden Markenartikelanbieter ist Markentreue eines der wichtigsten Sachziele. Das Ausmaß der Markentreue hat unmittelbaren Einfluß auf die Rentabilität der Kommuni­kationsaufwendungen und damit auf den Erfolg von Marketingmaßnahmen und die Gewinnsituation.

Markentreue bedeutet Bindung des Kunden an die Marke. Diese Bindung kann nur erreicht werden, wenn der Kunde bei jedem neuen Kauf sicher ist, daß der Wechsel zu einer anderen Marke seinen Nutzen nicht steigern würde. Wie kann dieses Bewußtsein erreicht werden? Der Kunde tritt mit einem ganzen Bündel von Erwartungen auf dem Markt auf. Ein Teil davon ist ganz spezifisch für die Produktkategorie und ein anderer Teil von Erwartungen ist grundsätzlich bei Kaufhandlungen vorhanden, egal welche Art Kaufhandlung[1] der Kunde auch tätigt. Der Nutzen einer Marke ist davon abhängig, inwieweit die Marke diese Erwartungen befriedigt. Wir wollen uns hier vor allem mit dem zweiten Komplex von Erwartungen beschäftigen, um den hier getroffenen Aussagen eine möglichst große Allgemeingültigkeit zu verschaffen. In der Praxis sind in jeder Produktkategorie die Implikationen durch den ersten, spezifischeren Erwartungskomplex zusätzlich zu überprüfen. Die Auswirkungen durch den ersten Erwartungskomplex können, je nach Produktkategorie, die hier formulierten Ergebnisse unterschiedlich stark verfälschen.

Zu dem zweiten Erwartungskomplex wollen wir im folgenden zwei Teilklassen von Erwartungen zählen.

Inwieweit kann ich durch den Kauf der Marke mein Risiko (zeitlich, sozial, physisch, psychisch, finanziell, funktionell) reduzieren.

Inwieweit kann ich durch den Kauf der Marke mein Bedürfnis nach Abwechslung befriedigen.

Es ist ein durch die Aktivationstheorie begründeter Antrieb, sich immer wieder neuen Reizen auszusetzen oder bekannte Reize auf neue Aspekte hin zu „erforschen“. Dieses Verhalten ist auch im Rahmen von Kaufhandlungen zu beobachten. Wie anders sollte man sonst begründen, daß ein Produkt, das immer verfügbar ist und mit dem der Konsument seine Bedürfnisse befriedigen kann, nicht bis an das Ende seines Lebens weiter gekauft wird. Eine mögliche Erklärung sind sicher verbesserte Angebote. Oft findet aber auch ein Wechsel zwischen Produkten statt, die weitgehend die gleichen Produktleistungen bieten. Lern­theoretisch würde man vermuten, daß der Konsument die Handlung, für die er verstärkt wurde, nämlich den Kauf des zufriedenstellenden Produktes X, weiter ausführt, solange keine Erwartung besteht, daß ein Produkt Y seine Bedürfnisse besser befriedigt. Dies ist bei gleichen Produktleistungen nicht zu erwarten. Und trotzdem finden in der Realität nicht selten Wechsel zwischen vergleichbaren Produkten statt, die nicht durch die Produktleistung zu begründen sind. Die naheliegende Vermutung ist: Der Konsument ist motiviert, nachdem er sich mit seinem gewohnten Produkt auseinandergesetzt hat, dessen Reize kennt und sich daran gewöhnt hat, etwas Neues kennenzulernen. Er wird ein anderes Produkt oder eine andere Marke ausprobieren. Dies verschafft ihm unter Umständen eine große Anzahl neuer Reize, wodurch sein Bedürfnis nach Abwechslung befriedigt wird.

Warum wechselt der Konsument dann aber nicht nach jeder Konsumtion seine Marke, um immer wieder sein Bedürfnis nach Abwechslung zu befriedigen. Die Befriedigung eines Bedürfnisses oder eines Motivs bewirkt eine Verstärkung und müßte eigentlich zu einem häufigeren Auftreten dieses Verhaltens führen. Der Grund liegt in einem weiteren menschlichen Antrieb begründet, der Risikoaversion. Der Konsument hat ein gewisses Maß an Risiko, daß er akzeptiert; jedes weitere Risiko empfindet er als aversiv und versucht ihm aus dem Weg zu gehen. Nun ist aber jeder Markenwechsel mit einem Risiko verbunden. Dabei sind verschiedene Risikodimensionen denkbar, deren Gewichtung sicher interpersonell ganz verschieden sein kann. Je besser der Konsument seine gewohnte Marke kennt, desto mehr kann er die verschiedenen Risikodimensionen in bezug auf diese Marke ausschließen. Ein Wechsel zu einer unbekannten Marke würde dann immer ein Anstieg des Risikos bedeuten. Damit wäre jeder Wechsel zu einer neuen Marke mit einem Strafreiz verbunden und müßte eigentlich unterbleiben.

Durch die bisher dargestellten Zusammenhänge wird deutlich, daß der Konsument sich in der Kaufsituation einem Konflikt ausgesetzt sieht. Soll er seinem Trieb nach Abwechslung folgen und etwas Neues ausprobieren oder soll er zur Vermeidung von Risiken bei der gewohnten Marke bleiben. Wenn die beiden Einflüsse in bezug auf ihre aktivationstheoretischen und emotionalen Grundlagen näher untersucht werden, dann können gewisse Hypothesen über die Lösung dieses Konfliktes aufgestellt werden.

Die Wahrnehmung neuer Reize führt eher zu positiven Affekten und die Wahrnehmung risikogeladener Entscheidungssituationen eher zu negativen Affekten. Beide Affekte sind jedoch im Regelfall nicht getrennt voneinander wirksam, sondern heben sich gegenseitig auf. Denkbar ist zum Beispiel eine „subtraktive Aufrechnung“ der beiden Affekte. Sowohl die Reizeigenschaften, als auch die Risikobewertung der aktuellen Marke ändern sich mit zunehmender Gewöhnung an dieselbe. Da zu vermuten ist, daß sich die Bewertung sowohl der Reizeigenschaften als auch der Risikoeigenschaften der Marke im Zeitablauf nicht linear, sondern eher kurvilinear verändern wird, kann es unter bestimmten Bedingungen zu einer im Zeitablauf zunächst ansteigenden und dann wieder abfallenden Markentreue kommen. Diese Entwicklung von markentreuem Verhalten konnte empirisch schon nachgewiesen werden.[2] Diese Arbeit geht darüber hinaus, indem sie nicht nur die Form des Zusammenhanges aufklärt, sondern auch die Hintergründe darstellt und bisherige Vermutungen widerlegt. Damit wird ein Beitrag zur Aufklärung der Hintergründe von Markentreue geleistet, der vielleicht das Verständnis für dieses Phänomen verbessern kann.

Aus dem bisher Gesagten können nützliche Hinweise für die Ausgestaltung der Marken­politik gezogen werden, die hier in einem Satz zusammengefaßt werden sollen: „Gestalte Deine Marke so abwechslungsreich wie möglich und versuche dabei das perzipierte Risiko des Konsumenten so gering wie möglich zu halten.“ Dieser an sich triviale Satz gewinnt seine Bedeutung im Marketing vor allem dadurch, daß davon ausgegangen wird, daß die beiden betrachteten Einflußfaktoren strikt getrennt voneinander zu beeinflussen sind. Damit kann die Neuartigkeit der Marke sehr stark gesteigert werden, solange mit Hilfe welcher absatzpolitischen Instrumenten auch immer, die Risikoempfindung niedrig gehalten wird. Die steigende Neuartigkeit führt unter dieser Bedingung zu einer steigenden affektiven Bewertung der Marke. Wie dieser Merksatz in konkrete Marketing-Mix-Entscheidungen umzusetzen ist, wird in der Arbeit nicht näher ausgeführt, wenn auch im Originaltext hin und wieder darauf eingegangen wird.

Die hier aufgestellten Hypothesen wurden in fundierte sozialpsychologische Theorien eingebettet und empirisch getestet. Die Grundaussagen konnten weitgehend bestätigt werden.


[1] Im Bereich der kurzlebigen Konsumgüter

[2] Bawa, K., Modeling inertia and variety seeking tendencies in brand choice behavior, Marketing Science,Vol. 9, No. 3, S. 263-278; ; Sum. 1990

Gemeinsamkeiten von Risiko- und Dissonanztheorie

„Unbeantwortet ist bisher die Frage geblieben, wie sich die Entstehung des wahrgenommenen Risikos psychologisch erklären läßt.“[1] Zur Beantwortung dieser Frage finden sich in der Literatur kaum Hinwei­se, geschweige denn eine komplette Theorie. Häufig findet eine Bezug­nahme auf die Dissonanztheorie statt, oder die Risikoempfindung wird allgemein als Konflikt­empfindung aufgefaßt. So sagt von Rosenstiel zum Beispiel: „Dem wahrgenommenen Risiko wird somit, ähnlich wie einer dissonanten Erfahrung, motiva­tionale Bedeutung beigemes­sen.“[2]

Hansen macht in seiner Definition implizit die enge Verwandtschaft zwischen Risiko, Inkon­si­s­tenz und Involvement deutlich. „As cognitive uncertainty increases,…, and consequently arousal increases. But uncertainty itself is not sufficient to elicit any signi­ficant amount of arousal. The „importance of“ or the „involvement with“ the problem must be considered also. If the matter is trivial, extreme uncertainty may be neglected, whereas if the problem is highly involving, only a little uncertainty is needed for consider­able con­flict to result.

Together the importance of the problem and the cognitive uncertainty define the amount of cognitive conflict. ….A multiplicative relationship has been suggested (Berlyne 1960). That is, uncertainty and importance are together the necessary and sufficient conditions for conflict to occur, and the absence of either one of them will eliminate the conflict. The nature of the inter­action between uncertainty and involvement, however, is not fully understood. …under some circumstances the relationship between involvement and uncertainty may be additive.“[3]

Hansen macht durch diese Aussagen deutlich, daß Dissonanz, Risiko und Involvement mitein­ander in Ver­bin­dung stehen und daß die Erregung von diesen Faktoren in irgendeiner Art und Weise abhängig ist. Dieser Zusammenhang zwischen Konflikten und Erregung wird im näch­sten Kapitel ausführlich behandelt.

Festhalten läßt sich, daß es einen Trieb nach Risikoreduktion gibt. Vermutlich läßt sich dieser Trieb auf das Konsistenzmotiv zurückführen. Damit wäre dieser Trieb vermutlich angebo­ren und Risikore­duktion ein primärer Verstärker.

Taylor[4] begründet die mit dem Risiko verbundene affektive Komponente, indem er davon ausgeht, daß Risiko ein Angstgefühl hervorruft, das an sich schon unangenehm ist. Das ist eine Möglichkeit, die affektive Komponente der Risikotheorie zu erklären, die für das später darzustel­lende Konzept benötigt wird und die mit Hilfe der Dissonanztheorie nur auf Umwe­gen zu erreichen gewesen wäre. Dieser Umweg sähe wie folgt aus: Eine wahrge­nommene Dissonanz ist zwar ein kognitiver Vorgang, trotzdem führt die Wahrnehmung der Inkonsistenz zu einer ent­sprechenden Aktivierung. Entsprechend der Theorie von Schachter[5] wird diese Erregung interpretiert. Im Fall der Dissonanz dürfte die Inter­pretation negativ ausfallen. Damit kommt man auf dem Weg über die Dissonanztheorie ebenfalls zu einem negativen Affekt.

Wie schon deutlich wurde, sind die wissenschaftlichen Ergebnisse zur Risikotheorie nicht sehr konkret, was sich vielleicht auf die Schwerpunktsetzung im Bereich des Kaufver­hal­tens und damit eher be­triebswirtschaftlichen Themensetzung zurückführen läßt.

Die Aussagen, die beide Theorien in bezug auf Risikoaversion im Rahmen von Kaufentschei­dungen machen, stimmen weitgehend überein. Dabei ist der Teil der Dissonanz­theorie, der auf die Risikotheorie angewendet werden kann, nur ein Spezialfall innerhalb der Dissonanztheorie. Es soll an dieser Stelle soweit gegangen werden, zu be­haupten, daß die Risikotheorie weitge­hend eine Konsistenztheorie ist. So sagt auch von Rosenstiel in diesem Zusammenhang:„… und man wird sich kaum der Gefahr einer unzu­lässigen Interpretationswillkür aussetzen, wenn man hinter dem Risikomodell gleichge­wichts­theoreti­sche Überlegungen vermutet.“[6]

Im einen Fall heißt der bestehende Zustand Risiko und im anderen Fall antizipierte Nach­kauf­dissonanz. Beide Zustände sind mit aversiven Reizen verbunden und streben damit nach ihrer Beendigung. Die Dissonanztheorie gibt eine ganze Reihe von möglichen Stra­tegien zur Beseiti­gung dieses Zustandes vor. In dieser Situation erscheinen vor allem zwei Maßnahmen als ange­bracht: Informations­beschaffung, um den dissonanten in einen konsonanten Zustand zu überführen oder Markentreue, um den dissonanten Zustand weit­gehend zu umgehen.


[1] Rosenstiel von, L.; Ewald, G, (1979), S. 102

[2] Rosenstiel von, L.; Ewald, G.,(1979), S. 93

[3] Hansen, F., (1972), S. 72

[4] vgl.: Taylor, J. W., (1974), S. 54

[5] vgl.: Schachter, S., (1964)

[6] Rosenstiel von, L.; Ewald, G., (1979), S. 101

Explikation des Konzeptes

Aus der Darstellung der gängigen Ansätze im Bereich der Markentreue und der wichtigsten Konzepte des Such- und Entdeckungsverhaltens wurde deutlich, daß keiner der Ansätze alleine in der Lage ist, die Entwicklung markentreuer Einstellungen gemäß der ursprüng­lichen Hypo­these umfassend darzustellen und vor allem zu erklären. Das folgende Konzept wird alle Aspekte der ursprünglichen Hypothese erfassen. Das Konzept wird im Anschluß durch eine empirische Untersu­chung getestet.

Wie schon aus der ursprünglichen Hypothese hervorgeht, und im Laufe der Arbeit immer wieder anklang, handelt es sich bei den Gründen, die zur Markentreue führen, vermutlich um zwei getrennte Motivationen. Wenn dies so ist, dann hängt die Entscheidung ganz wesentlich von der Stärke der Motivationen ab. Wie oben definiert, besteht ein direkter Zusammenhang zwischen der Stärke der Motivation und der Stärke der damit einhergehenden Erregung. Unter diesen Voraussetzungen kann eine Beschäftigung mit der Erregung weitere Aufschlüsse über die Lö­sung dieses Konfliktes bringen. Wenn wir die verschiedenen Ansätze der Theorien des SEV vergleichen, stellen wir fest, daß das Konzept von Berlyne[1] einige interessante Bestand­teile ent­hält, die im Sinne der Grundhypothese sinn­voll erscheinen. Zwei Bestand­teile aus dem Konzept von Berlyne werden deshalb über­nommen. Erstens betrachten wir im weiteren das von Berlyne vorgeschlagene Erregungs­potential als den Auslöser und Maßstab der Erregung. Dies erscheint deshalb sinnvoll, weil dieser Begriff mehr als alle anderen, die in den Konzepten als unabhän­gige Variable benutzt wurden, Interpretationsspielräume offen läßt. Zweitens soll der Unterscheidung Berlynes, von intrinsischem und extrinsischem SEV gefolgt werden. Diese Unterscheidung zog sich schon durch die gesamte bisherige Arbeit und ist notwendig, um von der Erfüllung der funktionellen Zielvorstel­lungen zu abstrahieren, durch die die extrinsischen Motivationen zu erklären sind. Ein Punkt, in dem nicht dem Konzept von Berlyne gefolgt wird, ist die Verbindung von Erregung und Affekt. Nach Berlyne gibt es keinen Erregungszustand, der die Ursache für positiven Affekt ist. Diese Annahme ist jedoch, wie oben schon diskutiert wurde, nicht sinnvoll. Außerdem ist der Ansatz von Berlyne nicht in der Lage zu unterscheiden, ob ein Erregungspo­tential, das oberhalb des optimalen Punktes liegt zu einer Beschäftigung mit der Marke oder zur Abkehr von dieser führt. Um diesen beiden Unzulänglichkeiten aus dem Wege zu gehen, wird für die Erklärung des Zusam­men­hanges zwischen Stimulation und Affekt statt dessen der An­satz von Streufert und Driver[2] angewendet. Dieser Ansatz erlaubt sowohl positive als auch negative Affekte. Positive und negative Affekte sind laut Definition nichts anderes als positive und negative Emotionen, aus denen sich dann wiederum die Motivationen nach Abwendung und Zuwendung ableiten. Damit liegen in diesem Bereich die Vorausset­zungen vor, die für die Erklärung der Wahrschein­lichkeit von Markentreue und Markenwechsel benötigt werden. Unser Konzept wird also im Bereich des SEV Bestandtei­le aus dem Konzept von Berlyne und dem Konzept von Driver und Streufert übernehmen. Damit wird dem Vorschlag von Raju und Venkatesan gefolgt, die eine Kombination der Ansätze von Berlyne sowie Streufert und Driver als geeignet für die Konsumenten­forschung ansehen.[3]

In Abweichung zu Berlyne, soll das Erregungspotential in zwei Komponenten zerlegt werden. Damit wird die unabhängige Variable gegenüber dem Konzept von Berlyne nicht geändert, sondern nur die vielen Faktoren, die nach Berlyne Bestandteil des Erregungs­potentials sein können, in zwei Gruppen geordnet. Der eine Faktor enthält alle positiven und erstrebenswerten Bestandteile des Erregungspotentials, wie Neuartigkeit, Unge­wöhn­lich­keit, Spannung etc. Die­ser Teil soll Abwechslungspotential heißen. Der positive Affekt, der mit diesen Bestandtei­len des Abwechslungspotentials verbunden ist, ist durch das Abwechslungsmotiv zu erklären, dessen Befriedigung als angenehm empfunden wird. Die Stärke der mit dem Abwechslungspo­tential verbundenen Erregung und damit die Stärke des positiven Affektes hängt von der Neuartigkeit des Stimulus und dem persönlichen Reizbedürfnis, also dem Abwechslungsmotiv ab. Je größer das persönliche Reizbedürfnis ist, desto weniger positiv ist tendenziell der mit einem bestimmten Abwechslungspotential verbundene Affekt.

Der andere Faktor enthält alle negativen Bestandtei­le des Erregungs­potentials, also vor allem solche Faktoren, die zu einer Risikowahrnehmung wie Unsicherheit und Mehrdeutigkeit führen. Dieser Teil soll Risiko­potential heißen. Der mit den Bestandteilen des Risikopotentials verbundene Affekt läßt sich auf das Motiv nach Risikore­duktion zurückführen, wobei dieses Motiv sich wiederum vermutlich auf dem Konsistenzmotiv gründet. Die Stärke der Erregung ergibt sich zum einen daraus, inwieweit die Bestandteile des Risikopotentials die Unsicherheit über die Folgen einer Entscheidung fördern und zum anderen wie groß die zu erwartenden Konsequenzen sind. Die affektive Bewertung kommt dadurch zustande, daß das Motiv auf die Beseitigung dieses Risikopotentials gerichtet ist und damit ein bestehendes Potential als negativ bewertet wird. Je stärker das Motiv ausgeprägt ist, sprich je geringer der Risikotoleranzlevel ist, desto negativer ist tendenziell der mit einem bestimmten Risikopotential verbundene Affekt. Damit wird ein sehr analytisches Vorgehen eingeschlagen. Das führt dazu, daß zum Beispiel Begriffe wie Komplexität nicht eindeutig einem der beiden Potentiale zuge­ordnet werden können, sondern in positiv und in negativ bewertete Bestandteile zerlegt werden müssen. Je nach Situation wird Komplexität eher mit positivem oder eher mit negativem Affekt verbunden.

Die Zerlegung des Erregungspotentials in zwei Faktoren hat den Vorteil, daß unter­schiedliche Stimuli auch unterschiedlich betrachtet werden können. Dies ist mit keinem der bisherigen Ansätze im Bereich des SEV möglich. So kann es sein, daß zwei Stimuli das gleiche Erregungs­potential haben. Während der eine Stimulus jedoch ein großes Abwechslungspotential und ein geringes Risikopo­tential hat, ist dies bei dem anderen Stimulus genau anders herum. Mit den oben dargestellten Theorien würden beide Stimuli gleich behandelt werden, weil der Affekt alleine aufgrund der Summe der Erregung theoretisch ermittelt würde. Beide bekämen theore­tisch das gleiche Erregungsniveau und damit den gleiche Affekt zugeordnet. Gleich­zeitig wären in der Realität aber unterschiedliche affektive Bewertungen der Stimuli zu beobachten. Diese Beobachtung könnte mit keiner der etablierten Theorien erklärt werden. Mit diesem neuen Ansatz ist eine differenziertere Betrach­tung der Zusammenhänge möglich.

Die Zerlegung des Erregungspotentials hat noch einen weiteren theoretischen Vorteil. So ermöglicht die Trennung der Erregungsgrundlagen in diese beiden Komponenten eine Erklärung des Verhaltens ohne Rückgriff auf die Aktivationstheorien und deren Versuch der Erklärung der affektiven Bewertung, alleine durch etablierte Motive, nämlich dem Konsistenzmotiv oder dem Motiv nach Risikoreduktion und dem Abwechslungsmotiv. Durch einen Stimulus werden diese beiden Motive immer in bestimm­tem Umfang befriedigt oder nicht.

Die Entscheidung für oder gegen einen Stimulus stellt sich unter diesen Voraussetzungen als ein klassi­scher Fall eines Appetenz-Aversions-Konfliktes dar. Durch die Marke sind die positiv und die negativ bewerteten Eigenschaften unverbrüchlich miteinander verbunden. Aufgrund der Motive wird von einer Aversion gegenüber dem Risikopotential und einer Appetenz gegenüber dem Abwechslungspotential ausgegangen.

Raju schlägt vor, die Gesamt-Präferenz für einen Stimulus aus der Summe der einzelnen Präfe­renzen oder Affekte abzuleiten.[4] Eine Unterstützung dieses Standpunktes kann aus dem bei Herkner dargestell­ten Einstellungskonzept von Rosenberg abgeleitet werden. „Die Gesamtbe­wer­tung von Einstellungsobjek­ten ist eine Art Mittelwert aller mit dem Einstellungsobjekt verbun­denen Meinun­gen.“[5] Meinung ist jede konkrete Relation zwischen zwei Einstellungs­objekten. Dieser Gesamt-Präfe­renzwert ist ein Verstärker in bezug auf die Handlung „Kauf der Marke“. Damit kann der Markenkauf oder auch Markenwiederkauf lerntheoretisch interpretiert werden.

Wir gehen davon aus, daß die Eigenschaften, die die beiden Erregungspotentiale bedingen, weitgehend unabhängig voneinander sind. Unter dieser Voraussetzung kann man sowohl für das Abwechslungspo­tential, als auch für das Risikopotential theoretisch eine Präferenzfunktion bil­den. Eine solche Präferenz­funktion soll aussagen, welche Ausprägung dieser Faktoren mit welchem Affekt verbunden ist. An dieser theoretischen Präferenzfunktion alleine kann das tatsächliche Handeln nicht abgelesen werden, da sich die Motivation für bestimmte Handlungen aus der Summation aller mit dem Stimulus verbundenen Affekte ergibt.

Es wird davon ausgegangen, daß zwischen dem Abwechslungs­poten­tial und dem positiven Affekt grundsätzlich ein positiv orientierter Zusammenhang besteht. Auch zwischen dem Risikopotential und dem negativen Affekt besteht ein positiver Zusammenhang. Das bedeutet, je größer das Risikopotential ist, desto größer ist der negative Affekt. Grundsätzlich ist der mit dem Risikopotential verbundene Affekt immer negativ. Im Gegensatz dazu ist das Abwechs­lungspo­tential nicht grundsätzlich mit positiven Affekten verbunden. Wenn das Abwechslungs­potential eines Stimulus so gering ist, daß Langeweile auftritt, sind mit dem Stimulus sogar negative Affekte verbunden. Es wäre möglich, eine weitere analytische Trennung zwischen dem positiven und dem negativen Affekt, der mit dem Abwechs­lungspotential verbunden ist, vorzunehmen. Darauf soll aus Gründen der Vereinfachung verzichtet wer­den. Damit sind die Orientierungen der Präferenzfunktionen festgelegt. Es wird sich bei den Präfe­renz­funktionen vermutlich nicht um Geraden handeln. Zu Beginn dieser Arbeit wurde die Studie von Bawa[6] erwähnt, der einen Zusammenhang zwischen der Vertrautheit mit einer Marke und dem damit verbundenen Nutzen in Form eines umgedrehten Us feststellte. Da Vertrautheit mit einer Marke nichts anderes ist als die Abnahme der durch die Marke hervorgerufenen Erregung, geht es bei Bawa auch um den Zusammenhang zwischen Erregung und Affekt.[7] Wenn wir von der Validität dieser Untersuchung ausgehen, wie müßten die Zusammenhänge zwischen dem Risiko­po­tential bzw. dem Abwechslungspo­tential und dem entsprechenden Affekt algebraisch gestaltet sein, damit die Summe der beiden eine entspre­chende Kurve ergibt? Die Voraus­setzungen können zum einen aus dem Aufsatz von Coombs und Avrunin[8] und auf der anderen Seite aus den oben angestellten Überlegungen über die Entwicklung der Affekte aufgrund von Motivbe­friedigung im Zeitablauf abgeleitet werden. Damit aus der Summation der beiden Präferenzfunk­tionen eine Funktion in Form eines umgedrehten Us entsteht, muß die erste parti­elle Ableitung der Appetenz­funktion nach dem Abwechslungspotential positiv und die zweite partielle Ableitung negativ sein. Eine Funktion, die diese Bedingungen erfüllt ist zum Beispiel die log-Funktion. Dagegen müssen sowohl die erste, als auch die zweite Ableitung der Aversions­funktion negativ sein. Diese Bedingung wird zum Beispiel von der Funktion f(x)=-x2 erfüllt. Für die näheren mathematischen Spezifikationen und Bedingungen der Eingipflig­keit sei der interessierte Leser auf den Aufsatz von Coombs und Avrunin: „Single-Peaked Functions and the Theory of Preference.“[9] verwiesen. Eine weitere Ausführung in dieser Arbeit würde zum einen den Rahmen sprengen und zum anderen ist nicht zu erwarten, daß übertriebene mathematische Spezifikationen in der empiri­schen Untersuchung nach­gewiesen werden können.

Zusätzlich zu diesen Bedingungen wollen wir davon ausgehen, daß die Appetenz­funktion gegen einen Grenzwert konvergiert oder eine log-Funktion ist und die erste Ableitung der Aversions­funktion mindestens zweiten Grades oder eine Exponentialfunktion sein muß.

Diese Annahmen über die reale Entwicklung der Erregungspotentiale, ergeben sich aus den theoretischen Vorarbeiten. So ist nachzuvollziehen, daß nicht jeder zusätzliche Neuartigkeits­aspekt eines Stimulus als gleich positiv empfunden wird. Irgendwann tragen zusätzliche neue Aspekte nicht mehr dazu bei, den Stimulus als noch positiver erscheinen zu lassen oder die Veränderung geht nur sehr langsam von­statten, weil das Motiv immer mehr befriedigt ist. Es gibt einen Sättigungswert bezüglich des Abwechs­lungspoten­tials. Vermutlich wird ab einem be­stimmten Niveau ein zusätzliches Abwechslungspotential sogar als negativ und das kumulierte Abwechs­lungs­potential deshalb als weniger angenehm empfun­den. In dieser Frage soll dem schon erwähnten Zi­tat von Kroeber-Riel[10] gefolgt werden, daß der Schei­telpunkt in der Konsumenten­forschung mit üblichen Mitteln nie erreicht wird. Da der Bereich nach dem Scheitelpunkt nicht mehr interes­sant ist, reicht die oben getroffene mathematische Spezifikation aus.

Abb. 5 (Das Konzept)
Abb. 5 (Das Konzept)
Auch bezüglich der Risikoaversion sind die mathematischen Vorgaben durchaus plausibel und ergeben sich aus den theoretischen Vorarbeiten. So wird ein geringes Maß an Risikopotential nicht sonderlich starke negative Affekte hervorrufen. Je größer dieses Risikopotential jedoch wird, desto stärker wird der damit verbundene Konflikt. Die mathematischen Forderungen an die Aversionskurve, führen dazu, daß diese einen Knick hat. Ab diesem Knick führt eine Zunahme des Risikopotentials zu einer über­proportionalen Zunahme der negativen Affek­te. Damit kann der oben getroffenen Drei­teilung des Risiko­potentials gefolgt werden.

Wenn die Präferenzen den obigen Bedingun­gen folgen, entsteht die in der Literatur gefor­derte ∩-Kurve. Aus der Abbildung 5 wird deutlich, daß aus diesem Konzept nicht die ∩-Kurve von Berlyne[11], sondern die von Streufert und Driver[12] resultiert, da positive Affekte möglich sind.

Es können zwei Störeinflüsse auftreten, die dazu führen, daß die ∩ – Kurve nicht zustande kommt. Zum einen führt ein unterschiedlich starkes Abwechslungs­bedürfnis und eine unter­schiedlich starke Risikoto­leranz zu einer vertikalen Verschiebung der zwei Kurven. Zum anderen können produktspezifi­sche Risiko- oder Abwechslungseigenschaften der Marke zu ei­ner horizon­talen Verschiebung der Kurve führen.

An dieser Stelle wollen wir auf Berlynes[13] Unterscheidung in intrinsische und extrinsische Motive zurückkommen. Die bisher behandelten Erregungspotentiale fallen nach dieser Katego­ri­sierung unter die intrinsischen Motive. Neben Abwechslungssuche und Risikovermeidung gibt es jedoch noch andere Faktoren, die die Wiederkaufwahr­schein­lich­keit einer Marke bedingen. Gemeint ist der Bereich, in dem bestimmte Produkte die Lösung für Probleme des Konsumenten sind. Dieser Bereich der Antriebe fällt in die Kategorie der extrinsischen Motive. Der Affekt gegenüber der Marke, der sich aus einem solchen Motiv ergibt, kann von entschei­dender Bedeu­tung sein. Ein besonders starkes extrinsisches Motiv kann einen Konsumenten dazu veranlassen, eine Marke weiterhin zu kaufen, obwohl sie langweilig oder zu riskant ist. Solche Motive sind meist relativ stabil über die Zeit, weil es sich um Einstellungen gegenüber der Marke handelt. An dieser Stabilität ändert eine lediglich veränderte Vertrautheit nichts. Es sei denn, durch diese Vertrautheit werden neue Informationen bekannt, die die Einstellung des Konsumenten ge­genü­ber der Marke ändern. Die extrinsischen Aspekte werden bei diesem Konzept vollkommen ausge­klammert. Untersucht wird nur der dahinter verborgene Prozeß, der auf den intrinsischen Motivationen beruht. Bei der Untersuchung ist deshalb darauf zu achten, daß keine Produkte ausgewählt werden, bei denen extrinsische Motivationen im Vor­dergrund stehen.

Wenn die extrinsischen Motivationen außer Betracht gelassen werden, sind die oben dargestell­ten Zusammenhänge in der Lage, die Grundhypothese zu erklären. Zunächst sind bei einer neuen Marke sowohl das Abwechslungspotential, als auch das Risikopotential tendenziell hoch. Wenn die Marke immer wieder gekauft wird, werden beide im Laufe der Zeit langsam abneh­men. Da die wichtigsten Risikofaktoren annahmegemäß sehr schnell abgebaut werden, wird das Risikopotential schnell abnehmen. Die Reduktion des Abwechslungspotentials geht gemäß der Annahmen nicht so schnell vonstatten. Damit wird die affektive Bewertung und damit die Wahrscheinlichkeit der Markentreue zunächst steigen. Nach und nach wird das Risikopotential bei wiederholter Konsumtion immer geringer werden. Das Gefälle ist allerdings gering. Demge­genüber nimmt die Abnahme des Abwechslungspotentials immer mehr zu. Damit beginnt die affektive Bewertung der Marke schlechter zu werden, wodurch die Wiederkaufwahr­scheinlich­keit sinkt. Irgendwann wird der Gesamtaffekt negativ werden, was zu einer Wiederkaufwahr­scheinlichkeit von etwa null aufgrund von Langeweile führt, sofern nicht extrinsische Gründe dagegen sprechen. Bei all diesen Aussagen ist das Gesetz des relativen Effektes zu beachten. Aus diesem Grunde ist die Wiederkaufwahrscheinlichkeit nicht alleine von der betrachteten Marke, sondern auch von allen anderen Marken abhängig. Außerdem hat die Veränderung der Wiederkaufwahrscheinlichkeit der aktuellen Marke Einfluß auf die Kaufwahr­schein­lichkeit der anderen Marken.


[1] vgl.: Berlyne, D. E., (1960, 1963, 1970)

[2] vgl.: Streufert, S.; Driver, M. J., (1971)

[3] vgl.: Raju, P. S.; Venkatesan, M., (1980), S. 5

[4] vgl.: Raju, P. S., (1981)

[5] vgl.: Herkner, W., (1993), S. 182

[6] vgl.: Bawa, K., (1990)

[7] Nutzen ist bei Bawa im Sinne von Affekt gemeint.

[8] vgl.: Coombs, C. H.; Avrunin, G. S., (1977)

[9] vgl.: Coombs, C. H.; Avrunin, G. S., (1977)

[10] vgl.: Kroeber-Riel (1992), S. 77

[11] vgl.: Berlyne, D. E., (1960)

[12] vgl.: Streufert, S.; Driver, M. J., (1971)

[13] vgl.: Berlyne, D. E., (1960)