Die Unsicherheit in der Kaufentscheidungssituation ist gleich der wahrgenommenen Wahrscheinlichkeit, daß bestimmte Konsequenzen eintreten. Diese Unsicherheit ist zum einen auf die Qualitätsverteilung, die zwischen den Marken innerhalb der jeweiligen Produktklasse subjektiv wahrgenommen wird, zurückzuführen. Zum anderen leitet sich die Unsicherheit aus der begrenzten Informationsverarbeitungskapazität des Menschen ab. Im Zusammenhang damit steht die begrenzte Informationsgewinnungskapazität, da es oft unmöglich ist, alle relevanten Daten über alle Alternativen zu gewinnen, geschweige denn sie zu verarbeiten. Je weniger der Konsument sich mit dem Markt auseinandersetzt, das heißt die relevanten Informationen verarbeitet, desto größer ist die mit der Kaufentscheidung verbundene Unsicherheit.
Durch folgende Maßnahmen kann die Qualitätsverteilung innerhalb einer Produktklasse ermittelt werden:
durch die Messung der Qualitätsvarianz innerhalb der Produktklasse
durch Ermittlung des prozentualen Anteils akzeptabler Marken je Produktklasse
durch Bestimmung des durchschnittlichen Qualitätsniveaus in der Produktklasse[1]
Diese drei Punkte werden sich in der Operationalisierung der Unsicherheit später wiederfinden.
Neben der Angst vor den negativen Folgen eines Versagens des Produktes hat die Qualitätsverteilung noch eine andere Auswirkung. Bedingt durch die Qualitätsverteilung weiß man nie genau, ob es nicht eine bessere oder eine andere genauso gute Alternative wie die ausgewählte gibt. Dieses Bewußtsein wird als unangenehm empfunden. Letztendlich läßt sich auch dieses Problem wieder auf die negativen Konsequenzen zurückführen. Wenn der Konsument befürchtet, daß es eine bessere Alternative als die ausgewählte gibt, dann empfindet er dies deshalb als unangenehm, weil er weiß, daß er negativere Konsequenzen akzeptieren muß, obwohl dies nicht notwendig wäre.
Es ergeben sich zwei Möglichkeiten, die Unsicherheit zu reduzieren.
Zum ersten kann die Verteilung der Qualität innerhalb der verschiedenen zur Auswahl stehenden Alternativen reduziert werden. Hierauf hat der Konsument im Regelfall keinen Einfluß. Zum zweiten kann durch kognitive Anstrengungen versucht werden, sämtliche über die relevanten Alternativen vorliegenden Informationen zu verarbeiten. Dadurch würde die Qualitätsverteilung zwar nicht geändert, der Konsument hätte jedoch Gewissheit, ob es eine gleichwertige oder bessere Marke auf dem Markt gibt. Außerdem sinkt mit steigendem Informationsgrad die Wahrscheinlichkeit, daß die Zielvorstellungen des Konsumenten von der ausgewählten Alternative nicht befriedigt werden. Sobald die Produkte eine gewisse Qualitätsvarianz aufweisen und die Zahl der Produkte ansteigt, dürfte ein Vergleich aller Attribute sämtlicher Marken das Informationsverarbeitungsvermögen übersteigen. Wie schon angedeutet, reicht es nicht alleine aus, die Informationen zu verarbeiten. Bevor die Verarbeitung erfolgen kann, müssen zunächst die entsprechenden Informationen beschafft werden.
Ob und inwieweit der Konsument die Anstrengungen auf sich nimmt, die Unsicherheit zu reduzieren, ist von seiner Motivation abhängig, das Risiko durch Informationsbeschaffung und -verarbeitung zu reduzieren. Diese Motivation ist zum einen von seiner individuellen Risikotoleranz und zum zweiten von der Größe der drohenden Konsequenzen abhängig. Die Risikotoleranz ist eine Persönlichkeitseigenschaft, die sich vermutlich auf das Maß an Dissonanz zurückführen läßt, die das Individuum zu akzeptieren bereit ist. Das Maß an Risikotoleranz steht deshalb vermutlich im Zusammenhang mit der Ausprägung des Konsistenzmotivs. Wenn Unsicherheit und Risikotoleranz feststehen, hängt die Größe seines Antriebs von den zu erwartenden Konsequenzen ab. Je größer die zu erwartenden Konsequenzen sind, desto größer ist die Motivation die Unsicherheit zu reduzieren.
[1] vgl.: Bettman, J. R., (1973), S. 185