Implikationen der Dissonanz- und Risikotheorie

Wahrgenommenes Risiko ist ein aversiver Reiz. Diesem Reiz steht das auf das Konsistenzmotiv zurückzu­führende Motiv nach Risikoreduktion gegenüber. Jede Hand­lung, die dazu geeignet ist, das wahrge­nommene Risiko zu reduzieren, wird daher verstärkt. Jeder Stimulus, bei dem das wahrge­nommene Risiko kleiner ist als bei einem anderen Stimulus, wird als weniger aversiv empfunden. Ebenso wird ein Stimulus oder eine Situation weniger aversiv empfunden, wenn es gelingt das mit ihr verbundene Risiko zu verringern.

Wahrgenommenes Risiko ist ein hypothetisches Konstrukt, das sich aus der Angst vor unange­nehmen zukünftigen Umweltzuständen ableitet. Es wird oft durch die erwarteten negativen Konsequenzen einer Handlung und der Unsicherheit, daß diese Konsequenzen eintreten, opera­tionalisiert. Konsequenzen werden in dieser Arbeit als die Folgen der Nicht-Realisierung ange­strebter Ziele durch die gekaufte Marke definiert. Die Unsicherheit leitet sich in erster Linie aus der wahrgenommenen Qualitätsvarianz innerhalb der Produkt­kategorie ab. In bezug auf die Nicht-Realisierung angestrebter Zielvorstellungen führt die Qualitätsvarianz dazu, daß der Konsument sich nicht sicher ist, ob es nicht Alternativen gibt, die genauso gut oder besser als die ausgewählte Marke sind.

Wenn sich das Risikoreduktionsmotiv aus dem Konsistenzmotiv ableitet, dann muß Risikover­hal­ten auch innerhalb der Konsistenztheorie zu erklären sein. Am Beispiel der Dissonanztheo­rie von Festinger wurde verdeutlicht, daß es eine solche Entsprechung gibt. Dissonanz ist wie die Risikoempfindung ein aversiver Reiz. Ein Sonderfall der Dissonanz ist die Dissonanz aufgrund antizipierter Nachkauf­dissonanz. Die Stärke der antizipierten Nachkaufdissonanz lei­tet sich wie das Risiko aus der Wichtigkeit der Konsequen­zen und der Wahrscheinlichkeit des Eintritts dieser Konsequenzen ab. Dissonanz ist damit eine Möglich­keit, den aversiven Charakter der Risikosi­tuation zu erklären.

Der gesamte Bereich des Konsumverhaltens wird von Bauer als Risikoverhalten charakteri­siert.[1] In der Literatur werden eine ganze Reihe von Strategien angeführt, dieses Risiko zu reduzieren. Die wichtigste und immer wieder untersuchte Strategie ist die Aktivierung von Gedächtnisinhalten. Im Falle der Kaufent­scheidung führt diese Strategie meist zu Markentreue. Markentreue, also die wiederholte Konsumtion des gleichen Pro­duktes, führt – wiederum bedingt durch die gemachte Erfahrung – zu einer Veränderung des Gedächtnisinhaltes. Dadurch ändert sich die Effektivität des Gedächtnisinhaltes zur Reduktion des Risikos, weil die Quali­tätsvarianz für den Konsumenten transparenter und damit die Unsicherheit reduziert wird. So wird sich im Zeitablauf zuerst herausstellen müssen, inwieweit das Produkt wirklich das hält, was die Wer­bung verspricht. Außerdem sind dem Konsumenten meist seine Zielvor­stellun­gen, die er mit dem Kauf des Produktes verbindet, nicht bis ins Letzte klar und er wird für sich selber klären müssen, ob die Leistungen des Produktes und seine Zielvor­stellungen kompatibel sind. Erst nach einem längeren Zeitraum wird sich herausstellen, inwieweit die Marke Quali­tätsschwankungen unterliegt. Die drei genannten Faktoren bedingen die Entwicklung des wahr­ge­nommenen Risikos und hier vor allem des Faktors Unsicherheit im Zeitablauf, das heißt mit wiederholter Konsum­tion.

Wenn Risiko als antizipierte Nachkaufdissonanz verstanden wird, bietet sich die Marken­treue auch hier als Lösungsmöglichkeit an. Da die möglichen aus der Markentreue ent­stehen­den Dissonanzempfindun­gen weitgehend bekannt sind, kann die Markentreue dazu dienen, die antizipierte Dissonanz gering zu halten.

Darüber hinaus ist das wahrgenommene Risiko interpersonell sehr unterschiedlich, was auf einen unter­schiedlichen individuellen Risikotoleranz­level zurückzuführen ist, der wiederum mit einer großen Anzahl von anderen Persönlich­keits­merkmalen korreliert. Der Risiko­toleranz­level ist damit ein wichtiger Faktor, wenn es um die Beurteilung von Risikover­halten geht.


[1] vgl.: Bauer, R. A., (1967)