Abwechslung ist ein Verstärker. Der Mensch trägt in sich das Motiv, immer wieder neue Reize aufzunehmen. Eine Situation, die ganz frei von neuen, ungewöhnlichen und inkongruenten Reizen ist, wird als langweilig und damit als aversiv empfunden. Wenn der Mensch sich in einer solchen Situation befindet, wird die Aufnahme neuer und ungewöhnlicher Reize als angenehm empfunden. Kroeber-Riel[1] geht davon aus, daß es ein optimales Niveau bei der Aufnahme von neuen und ungewöhnlichen Reizen gibt, ab dem die Aufnahme weiterer derartiger Reize als weniger angenehm oder sogar als unangenehm empfunden wird. Da dieses Niveau im Rahmen der Konsumentenforschung nach seinen Worten nie erreicht wird, schon gar nicht im Bereich von alltäglichen Konsumentscheidungen, wird im weiteren von einem monoton ansteigenden Zusammenhang zwischen Neuartigkeit, Ungewöhnlichkeit und Inkongruenz auf der einen Seite und dem positiven Affekt auf der anderen Seite ausgegangen.
In diesem Bereich gibt es keine exakt ausformulierten Theorien, wie dies im Bereich der Konsistenztheorien oder der Lerntheorien der Fall ist. Trotzdem herrscht Einigkeit, darüber, daß neue und ungewöhnliche Reize nicht immer die Motivation nach deren Beseitigung hervorrufen, sondern deren Fehlen oft die Motivation nach dessen Erreichung provozieren.
Unter Zuhilfenahme des Gesetzes des relativen Effekts sind die Veränderungen der Kaufwahrscheinlichkeiten der verschiedenen Marken innerhalb einer Produktkategorie zu erklären. Das Verhalten des Wiederkaufs einer Marke wird gelernt. Die Wiederkaufwahrscheinlichkeit einer Marke ist abhängig von den Verstärkereigenschaften derselben. Zwei Motive werden in diesem Zusammenhang betrachtet. Es muß untersucht werden, inwieweit die Marke in der Lage ist, auf der einen Seite das Motiv nach Risikoreduktion und auf der anderen Seite das Abwechslungsmotiv zu befriedigen. In dem Maße, in dem die Marke dazu geeignet ist, wird die Handlung sie zu kaufen verstärkt. Der Konsument lernt also inwieweit die Marke das richtige Mittel ist, diese beiden Motive zu befriedigen. Auf der anderen Seite muß er feststellen, daß sich durch die Auseinandersetzung mit der Marke und die darauf zurückzuführende Lernerfahrungen die Verstärkereigenschaften in bezug auf diese beiden Motive verändern. Deshalb ändert sich auch die Wiederkaufwahrscheinlichkeit im Zeitablauf.
Wichtig für die spätere Auswahl eines Produktes für die empirische Untersuchung ist, daß keine Produkte ausgewählt werden, bei denen die Kaufentscheidungen absolut habitualisiert sind, da sonst der Abwägungsprozeß nicht mehr stattfindet und die Veränderungen im Zeitablauf vermutlich gering sein werden. Zwar steht bei habitualisierten Kaufhandlungen die Einbringung von Gedächtnisinhalten und damit von Vorurteilen im Mittelpunkt, dafür werden jedoch andere Bedingungen, die an das Vorliegen einer markentreuen Kaufentscheidung gestellt werden, nicht erfüllt.
Die Theorien des SEV gründen auf den Aktivationstheorien, die davon ausgehen, daß der Mensch ein optimales Erregungsniveau hat und jeder Erregung eine bestimmte affektive Bewertung zugeordnet ist. Wenn das optimale Erregungsniveau, bedingt durch externe oder interne Stimuli, verlassen wird, dann setzt das SEV ein, um wieder in diesen Punkt zurückzukehren. Viele Theorien gehen von einem Zusammenhang in der Form einer ∩-Kurve aus. Auf der Abszisse wird dabei die zunehmende Erregung und auf der Ordinate die affektive Bewertung dieser Erregung abgetragen.
Such- und Entdeckungsverhalten kann sich in ganz unterschiedlicher Art und Weise manifestieren. Zwei wichtige Verhaltensweisen in diesem Zusammenhang sind Markentreue und Markenwechsel. Markentreue wird aus zwei Gründen zum SEV gerechnet: Erstens weil der Konsument durch Markentreue die Möglichkeit hat, sich intensiver mit der Marke zu beschäftigen und zweitens weil er damit aversiven Erfahrungen mit anderen Marken aus dem Weg gehen kann. Markenwechsel dagegen ist eine Möglichkeit, andere als die schon bekannten Stimuli kennenzulernen. SEV hat damit vor allem zwei Eigenschaften: Die Erforschung eines bekannten Stimulus und die Suche nach einem neuen Stimulus. In der Kaufentscheidungssituation hat der Konsument damit zwei Alternativen; entweder kauft er weiterhin die bewährte Marke oder er probiert eine neue Marke aus. Bevor die Kaufentscheidung getroffen wird, hat jede dieser beiden Entscheidungsalternativen eine bestimmte Wahrscheinlichkeit zur Ausführung zu kommen. Es wird davon ausgegangen, daß die Entscheidung für eine der beiden Alternativen von der affektiven Bewertung des Ergebnisses der Entscheidung abhängig ist. Die affektive Bewertung des Ergebnisses ist bei ausschließlicher Betrachtung der intrinsischen Faktoren von der Erregung abhängig, die durch das Ergebnis der Entscheidung erreicht würde.
Wenn die mit einem häufigen Wiederkauf der gleichen Marke verbundene Erregung betrachtet wird, ist zu erwarten, daß mit zunehmender Vertrautheit mit der Marke die Erregung abnimmt. Dies ist dadurch zu erklären, daß die Marke zunächst neu, ungewöhnlich, aufregend und vielleicht einigermaßen riskant ist, ebenso wie alle anderen sich auf dem Markt befindlichen Marken. Je mehr der Konsument sich mit der Marke auseinandersetzt, desto weniger wird diese als neu, ungewöhnlich, aufregend und riskant empfunden. Die sich verändernde Erregung wird entsprechend der dargestellten Konzepte affektiv bewertet. Diese sich ändernde affektive Bewertung hat Einfluß auf die Motivation, beim nächsten Mal wieder die gleiche Marke zu kaufen und damit auf die Wiederkaufwahrscheinlichkeit. Entsprechend wird sich die Wiederkaufwahrscheinlichkeit vermutlich auch in der Form einer ∩-Kurve entwickeln. Eine zunehmende Wahrscheinlichkeit des Wiederkaufs bedeutet gleichzeitig eine abnehmende Wahrscheinlichkeit des Markenwechsels und umgekehrt.
Die eindimensionale Betrachtungsweise, bei der eine einheitliche Erregung, entsprechend ihrer Stärke entweder positiv oder negativ bewertet wird, wird in Frage gestellt. Affekt kommt nach Schachter[1] durch die Erregung und die der Situation entsprechenden Bewertung dieser Erregung zustande. Viele Stimuli, so auch jede Marke, haben sowohl positiv als auch negativ bewertete Eigenschaften. Gleichzeitig führen diese Eigenschaften zu einer Erregung. Die Stärke des mit der Marke verbundenen Affektes ist von der Ausprägung der Eigenschaften der Marke abhängig. Die Art des Affektes ist von der Art der Eigenschaften abhängig. Manche Eigenschaften der Marke verstärken den Wiederkauf, weil sie mit einem positiven Affekt verbunden sind, und andere sind dazu geeignet, den Wiederkauf zu verhindern, weil sie mit einem negativen Affekt verbunden sind. Damit ist die Entscheidungssituation bezüglich dieser Marke eine Konfliktentscheidung und das Ergebnis dieser Entscheidung wird entsprechend der Stärke und dem Verhältnis der positiven oder der negativen Eigenschaften der Marke bewertet.
Wenn von dieser zweidimensionalen (oder auch einer mehrdimensionalen) Sichtweise ausgegangen wird, führt eine stärkere Erregung durch einen positiven Reiz zu einem immer stärker werdenden positiven Affekt, während eine immer stärker werdende Erregung durch einen negativen Reiz zu einem immer stärker werdenden negativen Affekt führt. Die Summe der beiden kann in einer ∩-Kurve resultieren, muß es aber nicht. Ob die ∩-Kurve zustande kommt, hängt von der tatsächlichen Lage der einzelnen Kurven zueinander ab.
Der optimale Erregungslevel ist nicht bei allen Menschen der gleiche, sondern wird bei verschiedenen Personen erst bei einem unterschiedlichen Erregungsniveau erreicht. Entsprechend ist auch die Tendenz zur Markentreue bei verschiedenen Menschen in der gleichen Situation unterschiedlich.
Aus der Darstellung der gängigen Ansätze im Bereich der Markentreue und der wichtigsten Konzepte des Such- und Entdeckungsverhaltens wurde deutlich, daß keiner der Ansätze alleine in der Lage ist, die Entwicklung markentreuer Einstellungen gemäß der ursprünglichen Hypothese umfassend darzustellen und vor allem zu erklären. Das folgende Konzept wird alle Aspekte der ursprünglichen Hypothese erfassen. Das Konzept wird im Anschluß durch eine empirische Untersuchung getestet.
Wie schon aus der ursprünglichen Hypothese hervorgeht, und im Laufe der Arbeit immer wieder anklang, handelt es sich bei den Gründen, die zur Markentreue führen, vermutlich um zwei getrennte Motivationen. Wenn dies so ist, dann hängt die Entscheidung ganz wesentlich von der Stärke der Motivationen ab. Wie oben definiert, besteht ein direkter Zusammenhang zwischen der Stärke der Motivation und der Stärke der damit einhergehenden Erregung. Unter diesen Voraussetzungen kann eine Beschäftigung mit der Erregung weitere Aufschlüsse über die Lösung dieses Konfliktes bringen. Wenn wir die verschiedenen Ansätze der Theorien des SEV vergleichen, stellen wir fest, daß das Konzept von Berlyne[1] einige interessante Bestandteile enthält, die im Sinne der Grundhypothese sinnvoll erscheinen. Zwei Bestandteile aus dem Konzept von Berlyne werden deshalb übernommen. Erstens betrachten wir im weiteren das von Berlyne vorgeschlagene Erregungspotential als den Auslöser und Maßstab der Erregung. Dies erscheint deshalb sinnvoll, weil dieser Begriff mehr als alle anderen, die in den Konzepten als unabhängige Variable benutzt wurden, Interpretationsspielräume offen läßt. Zweitens soll der Unterscheidung Berlynes, von intrinsischem und extrinsischem SEV gefolgt werden. Diese Unterscheidung zog sich schon durch die gesamte bisherige Arbeit und ist notwendig, um von der Erfüllung der funktionellen Zielvorstellungen zu abstrahieren, durch die die extrinsischen Motivationen zu erklären sind. Ein Punkt, in dem nicht dem Konzept von Berlyne gefolgt wird, ist die Verbindung von Erregung und Affekt. Nach Berlyne gibt es keinen Erregungszustand, der die Ursache für positiven Affekt ist. Diese Annahme ist jedoch, wie oben schon diskutiert wurde, nicht sinnvoll. Außerdem ist der Ansatz von Berlyne nicht in der Lage zu unterscheiden, ob ein Erregungspotential, das oberhalb des optimalen Punktes liegt zu einer Beschäftigung mit der Marke oder zur Abkehr von dieser führt. Um diesen beiden Unzulänglichkeiten aus dem Wege zu gehen, wird für die Erklärung des Zusammenhanges zwischen Stimulation und Affekt statt dessen der Ansatz von Streufert und Driver[2] angewendet. Dieser Ansatz erlaubt sowohl positive als auch negative Affekte. Positive und negative Affekte sind laut Definition nichts anderes als positive und negative Emotionen, aus denen sich dann wiederum die Motivationen nach Abwendung und Zuwendung ableiten. Damit liegen in diesem Bereich die Voraussetzungen vor, die für die Erklärung der Wahrscheinlichkeit von Markentreue und Markenwechsel benötigt werden. Unser Konzept wird also im Bereich des SEV Bestandteile aus dem Konzept von Berlyne und dem Konzept von Driver und Streufert übernehmen. Damit wird dem Vorschlag von Raju und Venkatesan gefolgt, die eine Kombination der Ansätze von Berlyne sowie Streufert und Driver als geeignet für die Konsumentenforschung ansehen.[3]
In Abweichung zu Berlyne, soll das Erregungspotential in zwei Komponenten zerlegt werden. Damit wird die unabhängige Variable gegenüber dem Konzept von Berlyne nicht geändert, sondern nur die vielen Faktoren, die nach Berlyne Bestandteil des Erregungspotentials sein können, in zwei Gruppen geordnet. Der eine Faktor enthält alle positiven und erstrebenswerten Bestandteile des Erregungspotentials, wie Neuartigkeit, Ungewöhnlichkeit, Spannung etc. Dieser Teil soll Abwechslungspotential heißen. Der positive Affekt, der mit diesen Bestandteilen des Abwechslungspotentials verbunden ist, ist durch das Abwechslungsmotiv zu erklären, dessen Befriedigung als angenehm empfunden wird. Die Stärke der mit dem Abwechslungspotential verbundenen Erregung und damit die Stärke des positiven Affektes hängt von der Neuartigkeit des Stimulus und dem persönlichen Reizbedürfnis, also dem Abwechslungsmotiv ab. Je größer das persönliche Reizbedürfnis ist, desto weniger positiv ist tendenziell der mit einem bestimmten Abwechslungspotential verbundene Affekt.
Der andere Faktor enthält alle negativen Bestandteile des Erregungspotentials, also vor allem solche Faktoren, die zu einer Risikowahrnehmung wie Unsicherheit und Mehrdeutigkeit führen. Dieser Teil soll Risikopotential heißen. Der mit den Bestandteilen des Risikopotentials verbundene Affekt läßt sich auf das Motiv nach Risikoreduktion zurückführen, wobei dieses Motiv sich wiederum vermutlich auf dem Konsistenzmotiv gründet. Die Stärke der Erregung ergibt sich zum einen daraus, inwieweit die Bestandteile des Risikopotentials die Unsicherheit über die Folgen einer Entscheidung fördern und zum anderen wie groß die zu erwartenden Konsequenzen sind. Die affektive Bewertung kommt dadurch zustande, daß das Motiv auf die Beseitigung dieses Risikopotentials gerichtet ist und damit ein bestehendes Potential als negativ bewertet wird. Je stärker das Motiv ausgeprägt ist, sprich je geringer der Risikotoleranzlevel ist, desto negativer ist tendenziell der mit einem bestimmten Risikopotential verbundene Affekt. Damit wird ein sehr analytisches Vorgehen eingeschlagen. Das führt dazu, daß zum Beispiel Begriffe wie Komplexität nicht eindeutig einem der beiden Potentiale zugeordnet werden können, sondern in positiv und in negativ bewertete Bestandteile zerlegt werden müssen. Je nach Situation wird Komplexität eher mit positivem oder eher mit negativem Affekt verbunden.
Die Zerlegung des Erregungspotentials in zwei Faktoren hat den Vorteil, daß unterschiedliche Stimuli auch unterschiedlich betrachtet werden können. Dies ist mit keinem der bisherigen Ansätze im Bereich des SEV möglich. So kann es sein, daß zwei Stimuli das gleiche Erregungspotential haben. Während der eine Stimulus jedoch ein großes Abwechslungspotential und ein geringes Risikopotential hat, ist dies bei dem anderen Stimulus genau anders herum. Mit den oben dargestellten Theorien würden beide Stimuli gleich behandelt werden, weil der Affekt alleine aufgrund der Summe der Erregung theoretisch ermittelt würde. Beide bekämen theoretisch das gleiche Erregungsniveau und damit den gleiche Affekt zugeordnet. Gleichzeitig wären in der Realität aber unterschiedliche affektive Bewertungen der Stimuli zu beobachten. Diese Beobachtung könnte mit keiner der etablierten Theorien erklärt werden. Mit diesem neuen Ansatz ist eine differenziertere Betrachtung der Zusammenhänge möglich.
Die Zerlegung des Erregungspotentials hat noch einen weiteren theoretischen Vorteil. So ermöglicht die Trennung der Erregungsgrundlagen in diese beiden Komponenten eine Erklärung des Verhaltens ohne Rückgriff auf die Aktivationstheorien und deren Versuch der Erklärung der affektiven Bewertung, alleine durch etablierte Motive, nämlich dem Konsistenzmotiv oder dem Motiv nach Risikoreduktion und dem Abwechslungsmotiv. Durch einen Stimulus werden diese beiden Motive immer in bestimmtem Umfang befriedigt oder nicht.
Die Entscheidung für oder gegen einen Stimulus stellt sich unter diesen Voraussetzungen als ein klassischer Fall eines Appetenz-Aversions-Konfliktes dar. Durch die Marke sind die positiv und die negativ bewerteten Eigenschaften unverbrüchlich miteinander verbunden. Aufgrund der Motive wird von einer Aversion gegenüber dem Risikopotential und einer Appetenz gegenüber dem Abwechslungspotential ausgegangen.
Raju schlägt vor, die Gesamt-Präferenz für einen Stimulus aus der Summe der einzelnen Präferenzen oder Affekte abzuleiten.[4] Eine Unterstützung dieses Standpunktes kann aus dem bei Herkner dargestellten Einstellungskonzept von Rosenberg abgeleitet werden. „Die Gesamtbewertung von Einstellungsobjekten ist eine Art Mittelwert aller mit dem Einstellungsobjekt verbundenen Meinungen.“[5] Meinung ist jede konkrete Relation zwischen zwei Einstellungsobjekten. Dieser Gesamt-Präferenzwert ist ein Verstärker in bezug auf die Handlung „Kauf der Marke“. Damit kann der Markenkauf oder auch Markenwiederkauf lerntheoretisch interpretiert werden.
Wir gehen davon aus, daß die Eigenschaften, die die beiden Erregungspotentiale bedingen, weitgehend unabhängig voneinander sind. Unter dieser Voraussetzung kann man sowohl für das Abwechslungspotential, als auch für das Risikopotential theoretisch eine Präferenzfunktion bilden. Eine solche Präferenzfunktion soll aussagen, welche Ausprägung dieser Faktoren mit welchem Affekt verbunden ist. An dieser theoretischen Präferenzfunktion alleine kann das tatsächliche Handeln nicht abgelesen werden, da sich die Motivation für bestimmte Handlungen aus der Summation aller mit dem Stimulus verbundenen Affekte ergibt.
Es wird davon ausgegangen, daß zwischen dem Abwechslungspotential und dem positiven Affekt grundsätzlich ein positiv orientierter Zusammenhang besteht. Auch zwischen dem Risikopotential und dem negativen Affekt besteht ein positiver Zusammenhang. Das bedeutet, je größer das Risikopotential ist, desto größer ist der negative Affekt. Grundsätzlich ist der mit dem Risikopotential verbundene Affekt immer negativ. Im Gegensatz dazu ist das Abwechslungspotential nicht grundsätzlich mit positiven Affekten verbunden. Wenn das Abwechslungspotential eines Stimulus so gering ist, daß Langeweile auftritt, sind mit dem Stimulus sogar negative Affekte verbunden. Es wäre möglich, eine weitere analytische Trennung zwischen dem positiven und dem negativen Affekt, der mit dem Abwechslungspotential verbunden ist, vorzunehmen. Darauf soll aus Gründen der Vereinfachung verzichtet werden. Damit sind die Orientierungen der Präferenzfunktionen festgelegt. Es wird sich bei den Präferenzfunktionen vermutlich nicht um Geraden handeln. Zu Beginn dieser Arbeit wurde die Studie von Bawa[6] erwähnt, der einen Zusammenhang zwischen der Vertrautheit mit einer Marke und dem damit verbundenen Nutzen in Form eines umgedrehten Us feststellte. Da Vertrautheit mit einer Marke nichts anderes ist als die Abnahme der durch die Marke hervorgerufenen Erregung, geht es bei Bawa auch um den Zusammenhang zwischen Erregung und Affekt.[7] Wenn wir von der Validität dieser Untersuchung ausgehen, wie müßten die Zusammenhänge zwischen dem Risikopotential bzw. dem Abwechslungspotential und dem entsprechenden Affekt algebraisch gestaltet sein, damit die Summe der beiden eine entsprechende Kurve ergibt? Die Voraussetzungen können zum einen aus dem Aufsatz von Coombs und Avrunin[8] und auf der anderen Seite aus den oben angestellten Überlegungen über die Entwicklung der Affekte aufgrund von Motivbefriedigung im Zeitablauf abgeleitet werden. Damit aus der Summation der beiden Präferenzfunktionen eine Funktion in Form eines umgedrehten Us entsteht, muß die erste partielle Ableitung der Appetenzfunktion nach dem Abwechslungspotential positiv und die zweite partielle Ableitung negativ sein. Eine Funktion, die diese Bedingungen erfüllt ist zum Beispiel die log-Funktion. Dagegen müssen sowohl die erste, als auch die zweite Ableitung der Aversionsfunktion negativ sein. Diese Bedingung wird zum Beispiel von der Funktion f(x)=-x2 erfüllt. Für die näheren mathematischen Spezifikationen und Bedingungen der Eingipfligkeit sei der interessierte Leser auf den Aufsatz von Coombs und Avrunin: „Single-Peaked Functions and the Theory of Preference.“[9] verwiesen. Eine weitere Ausführung in dieser Arbeit würde zum einen den Rahmen sprengen und zum anderen ist nicht zu erwarten, daß übertriebene mathematische Spezifikationen in der empirischen Untersuchung nachgewiesen werden können.
Zusätzlich zu diesen Bedingungen wollen wir davon ausgehen, daß die Appetenzfunktion gegen einen Grenzwert konvergiert oder eine log-Funktion ist und die erste Ableitung der Aversionsfunktion mindestens zweiten Grades oder eine Exponentialfunktion sein muß.
Diese Annahmen über die reale Entwicklung der Erregungspotentiale, ergeben sich aus den theoretischen Vorarbeiten. So ist nachzuvollziehen, daß nicht jeder zusätzliche Neuartigkeitsaspekt eines Stimulus als gleich positiv empfunden wird. Irgendwann tragen zusätzliche neue Aspekte nicht mehr dazu bei, den Stimulus als noch positiver erscheinen zu lassen oder die Veränderung geht nur sehr langsam vonstatten, weil das Motiv immer mehr befriedigt ist. Es gibt einen Sättigungswert bezüglich des Abwechslungspotentials. Vermutlich wird ab einem bestimmten Niveau ein zusätzliches Abwechslungspotential sogar als negativ und das kumulierte Abwechslungspotential deshalb als weniger angenehm empfunden. In dieser Frage soll dem schon erwähnten Zitat von Kroeber-Riel[10] gefolgt werden, daß der Scheitelpunkt in der Konsumentenforschung mit üblichen Mitteln nie erreicht wird. Da der Bereich nach dem Scheitelpunkt nicht mehr interessant ist, reicht die oben getroffene mathematische Spezifikation aus.
Auch bezüglich der Risikoaversion sind die mathematischen Vorgaben durchaus plausibel und ergeben sich aus den theoretischen Vorarbeiten. So wird ein geringes Maß an Risikopotential nicht sonderlich starke negative Affekte hervorrufen. Je größer dieses Risikopotential jedoch wird, desto stärker wird der damit verbundene Konflikt. Die mathematischen Forderungen an die Aversionskurve, führen dazu, daß diese einen Knick hat. Ab diesem Knick führt eine Zunahme des Risikopotentials zu einer überproportionalen Zunahme der negativen Affekte. Damit kann der oben getroffenen Dreiteilung des Risikopotentials gefolgt werden.
Wenn die Präferenzen den obigen Bedingungen folgen, entsteht die in der Literatur geforderte ∩-Kurve. Aus der Abbildung 5 wird deutlich, daß aus diesem Konzept nicht die ∩-Kurve von Berlyne[11], sondern die von Streufert und Driver[12] resultiert, da positive Affekte möglich sind.
Es können zwei Störeinflüsse auftreten, die dazu führen, daß die ∩ – Kurve nicht zustande kommt. Zum einen führt ein unterschiedlich starkes Abwechslungsbedürfnis und eine unterschiedlich starke Risikotoleranz zu einer vertikalen Verschiebung der zwei Kurven. Zum anderen können produktspezifische Risiko- oder Abwechslungseigenschaften der Marke zu einer horizontalen Verschiebung der Kurve führen.
An dieser Stelle wollen wir auf Berlynes[13] Unterscheidung in intrinsische und extrinsische Motive zurückkommen. Die bisher behandelten Erregungspotentiale fallen nach dieser Kategorisierung unter die intrinsischen Motive. Neben Abwechslungssuche und Risikovermeidung gibt es jedoch noch andere Faktoren, die die Wiederkaufwahrscheinlichkeit einer Marke bedingen. Gemeint ist der Bereich, in dem bestimmte Produkte die Lösung für Probleme des Konsumenten sind. Dieser Bereich der Antriebe fällt in die Kategorie der extrinsischen Motive. Der Affekt gegenüber der Marke, der sich aus einem solchen Motiv ergibt, kann von entscheidender Bedeutung sein. Ein besonders starkes extrinsisches Motiv kann einen Konsumenten dazu veranlassen, eine Marke weiterhin zu kaufen, obwohl sie langweilig oder zu riskant ist. Solche Motive sind meist relativ stabil über die Zeit, weil es sich um Einstellungen gegenüber der Marke handelt. An dieser Stabilität ändert eine lediglich veränderte Vertrautheit nichts. Es sei denn, durch diese Vertrautheit werden neue Informationen bekannt, die die Einstellung des Konsumenten gegenüber der Marke ändern. Die extrinsischen Aspekte werden bei diesem Konzept vollkommen ausgeklammert. Untersucht wird nur der dahinter verborgene Prozeß, der auf den intrinsischen Motivationen beruht. Bei der Untersuchung ist deshalb darauf zu achten, daß keine Produkte ausgewählt werden, bei denen extrinsische Motivationen im Vordergrund stehen.
Wenn die extrinsischen Motivationen außer Betracht gelassen werden, sind die oben dargestellten Zusammenhänge in der Lage, die Grundhypothese zu erklären. Zunächst sind bei einer neuen Marke sowohl das Abwechslungspotential, als auch das Risikopotential tendenziell hoch. Wenn die Marke immer wieder gekauft wird, werden beide im Laufe der Zeit langsam abnehmen. Da die wichtigsten Risikofaktoren annahmegemäß sehr schnell abgebaut werden, wird das Risikopotential schnell abnehmen. Die Reduktion des Abwechslungspotentials geht gemäß der Annahmen nicht so schnell vonstatten. Damit wird die affektive Bewertung und damit die Wahrscheinlichkeit der Markentreue zunächst steigen. Nach und nach wird das Risikopotential bei wiederholter Konsumtion immer geringer werden. Das Gefälle ist allerdings gering. Demgegenüber nimmt die Abnahme des Abwechslungspotentials immer mehr zu. Damit beginnt die affektive Bewertung der Marke schlechter zu werden, wodurch die Wiederkaufwahrscheinlichkeit sinkt. Irgendwann wird der Gesamtaffekt negativ werden, was zu einer Wiederkaufwahrscheinlichkeit von etwa null aufgrund von Langeweile führt, sofern nicht extrinsische Gründe dagegen sprechen. Bei all diesen Aussagen ist das Gesetz des relativen Effektes zu beachten. Aus diesem Grunde ist die Wiederkaufwahrscheinlichkeit nicht alleine von der betrachteten Marke, sondern auch von allen anderen Marken abhängig. Außerdem hat die Veränderung der Wiederkaufwahrscheinlichkeit der aktuellen Marke Einfluß auf die Kaufwahrscheinlichkeit der anderen Marken.
Die im letzten Abschnitt geäußerten Überlegungen werden an einigen Beispielen verdeutlicht, um die Komplexität der Hypothesen zu reduzieren.
Jeder Stimulus hat sowohl ein Abwechslungspotential als auch ein Risikopotential. Die Größe der beiden Potentiale ist unterschiedlich und wie schon gesagt, fordern wir Unabhängigkeit zwischen den beiden Potentialen. Beide sind im Zeitablauf einer Veränderung unterworfen. Beide Potentiale verlieren an dem mit ihnen verbundenem Affekt (entweder negativem oder positivem) je häufiger das Individuum ihnen ausgesetzt ist, das heißt je häufiger die Marke gekauft und benutzt wird.
Die Höhe des jeweiligen Potentials am Anfang der Betrachtung ist entscheidend für die Entwicklung des gesamten Affektes im Laufe mehrerer Konsumtionen. Da sowohl Abwechslungspotential als auch Risikopotential aufgrund einer subjektiven Wahrnehmung definiert werden, sind darüber hinaus persönliche Prädispositionen, wie Risikotoleranz und Abwechslungsbedürfnis entscheidend für die Wahrnehmung der Höhe der Potentiale. Um dennoch die Möglichkeit zu haben, die ∩-Kurve nachzuweisen, müssen die Effekte, die eine Verschiebung der Präferenzfunktion bedingen, eleminiert werden. Zu diesem Zweck werden entsprechende Hypothesen formuliert und die dazu benötigten Daten erhoben.
Unter den oben genannten Voraussetzungen sind in der Realität verschiedene Situationen denkbar:
Abb. 6 (Entwicklung der Affekte, wenn beide Potentiale zu Beginn hoch sind)
Beide Potentiale und die mit ihnen verbundenen Affekte werden im Laufe mehrerer Konsumtionen abnehmen. Irgendwann wird es zu Langeweile kommen. Die Summe der Affekte wird dem Verlauf der Kurve in Abbildung 6 folgen und damit genau dem Konzept entsprechen, das ja auch von hohen Potentialen zu Beginn ausgeht.
Die Entwicklung des Gesamtaffektes hängt zumindest zu Anfang hauptsächlich von der Entwicklung des Risikopotentials ab. Unter der Voraussetzung, daß das Abwechslungspotential zu Beginn zumindest noch so groß ist, daß es noch positiven Affekt erzeugt, steigt mit abnehmendem Risikopotential der positive Gesamtaffekt oder nimmt der negative zumindest ab. Dieser Trend schwächt sich jedoch aufgrund der Annahmen über die Entwicklung des mit dem Risikopotential verbundenen Affektes sehr schnell ab. Wenn zusätzlich das Abwechslungspotential in den Bereich des negativen Affektes eintritt, wird der Gesamtaffekt immer negativer.
Der negative Affekt, der durch die Risikokomponente beigesteuert wird, ist relativ gering und verändert sich kaum. Die Entwicklung des Gesamtaffektes hängt deshalb hauptsächlich von der Entwicklung des Abwechslungspotentials ab. Dies bedeutet, daß der Gesamtaffekt im Laufe mehrerer Konsumtionen immer weiter sinkt, bis der Zustand der Langeweile erreicht ist.
Da in dieser Situation die negativen Affekte aufgrund des Risikopotentials relativ gering und gleichbleibend sind und die mit dem Abwechslungspotential verbundenen Affekte mit starkem Gefälle von schwachem positiven Affekt in den Bereich des negativen Affektes überwechseln, ist mit folgender Situation zu rechnen: Der Gesamtaffekt wird nicht oder nur sehr wenig positiv sein und mit weiteren Konsumtionen schnell in den negativen Bereich absinken.
Aus den hier angeführten Beispielen wird schon deutlich, daß die Auswahl der Produktkategorie für die Untersuchung vermutlich einen großen Einfluß auf die Ergebnisse haben wird.
Formulierung des Hypothesensystems:
1. Je größer die Gewöhnung an das Produkt ist, desto geringer ist der Abwechslungsaffekt.
2. Die Abhängigkeit des Abwechslungsaffekts von der Gewöhnung, kann durch eine logarithmische Kurve beschrieben werden.
3. Je größer die Gewöhnung an das Produkt ist, desto geringer ist der Risikoaffekt.
4. Die Abhängigkeit des Risikoaffektes von der Gewöhnung, kann durch eine Kurve zweiten Grades mit negativem Vorzeichen annähernd beschrieben werden.
5. Je größer die Summe der beiden Einzelaffekte (Abwechslungsaffekt und Risikoaffekt), desto größer ist der Gesamtaffekt.
6. Je größer der Gesamtaffekt, desto größer ist die Wiederkaufwahrscheinlichkeit.
Folgende Faktoren haben einen Einfluß auf die Stärke der empfundenen Affekte:
7. Je stärker der Risikoaffekt beim ersten Kauf war, desto stärker ist dieser während der gesamten Zeit der Markentreue. Es besteht also ein positiver Zusammenhang zwischen dem Risikoaffekt beim ersten Kauf und dem aktuellen Risikoaffekt.
8. Je stärker der Abwechslungsaffekt beim ersten Kauf war, desto stärker ist dieser während der gesamten Zeit der Markentreue. Es besteht also ein positiver Zusammenhang zwischen dem Abwechslungsaffekt beim ersten Kauf und dem aktuellen Abwechslungsaffekt.
9. Je größer die Risikotoleranz, desto schwächer ist der Risikoaffekt ausgebildet.
10. Je größer das Reizbedürfnis, desto schwächer ist der Abwechlungsaffekt ausgebildet.
11. Die Summe des Abwechslungsaffektes und des Risikoaffektes bilden eine Kurve, die in bezug auf die Gewöhnung einen umgekehrt U-förmigen Verlauf hat.
Nachdem die Zusammenhänge und die Problemstellung in den letzten Kapiteln theoretisch abgeleitet wurden, soll nun ein empirisches Design entworfen und getestet werden, um die grundlegenden Hypothesen des dargestellten Konzeptes zu bestätigen.
Die Befragung durch Fragebogen ist eine Messung. Auf die praktische Bedeutung von Messungen bezogen, müssen diese vor allem objektiv, vergleichbar, ökonomisch und nützlich sein.[1] Diese Gütekriterien sind nur schwierig zu überprüfen. Aus statistischer Perspektive sind zwei weitere Gütekriterien wichtiger, die durch statistische Prüfungen zu belegen sind: Validität und Reliabilität. Reliabilität ist gemäß der klassischen Testtheorie definiert, als der Quotient der Varianz der wahren Werte und der Varianz der beobachteten Werte.[2] Die Reliabilität ist ein Maß dafür, inwieweit die gemessenen Werte mit den tatsächlichen Werten übereinstimmen. Demgegenüber ist die Validität ein Maß dafür, inwieweit das Meßinstrument wirklich das mißt, was es messen soll.
Um die Konstruktvalidität der Variablen zu überprüfen, wurde nach angemessenen Recodierungen, eine „näherungsweise“ konfirmatorische Faktorenanalyse durchgeführt, indem alle Indikatoren, die Bestandteil eines Konstruktes werden sollen, in eine gemeinsame Faktorenanalyse eingegeben wurden.[3]
Die Konstrukte Reizbedürfnis, Abwechslungsaffekt, Risikotoleranz und ursprüngliches Abwechslungspotential konnten aufgrund dieser Faktorenanalyse als relativ valide bewertet werden. Durch eine weitere Faktorenanalyse mit den übrigen Indikatoren konnten trotz teilweise erheblicher Fehlladungen, die vermutlich auf mangelhafte Operationalisierung zurückzuführen sind, die Konstrukte Involvement und ursprüngliches Risikopotential bestätigt werden. Problematisch verhalten sich die Ladungen bei dem Konstrukt Konsequenzen und hier vor allem die von RIAFFSOZ und RIAFFPHY. Da dieses Konstrukt noch aus einer ganzen Reihe weiterer Items besteht, soll für diese Arbeit trotzdem an dem Konstrukt Risikoaffekt festgehalten werden. GESAFF_X zeigt hohe Ladungen auf mehreren verschiedenen Faktoren. Bei der Zuordnung der Items aufgrund der jeweils höchsten Ladung, teilen sich die Items auf zwei Faktoren auf. Die Operationalisierung des Gesamtaffektes ist damit als unsicher zu bezeichnen.
Eine weitere Unstimmigkeit tauchte bei den Konstrukten Gewöhnung und Unsicherheit auf. Beide Konstrukte zeigten sehr hohe Ladungen auf dem gleichen Faktor. Dieser Sachverhalt kann theoretisch interpretiert werden, da eine sehr hohe Abhängigkeit zwischen Unsicherheit und Gewöhnung besteht. Je größer die Gewöhnung ist, desto geringer wird tendenziell die empfundene Unsicherheit sein. Umgekehrt wird mit großer wahrgenommener Unsicherheit das Gefühl von Gewöhnung eher gering sein. Beide Konstrukte werden weitgehend ohne affektive Bewertung ermittelt. Trotz dieser Überschneidung werden Unsicherheit und Gewöhnung im weiteren als zwei getrennte Konstrukte behandelt.
Die „rotated factor matrix“ ist im Anhang abgedruckt. Dort können die hier abgeleiteten Ergebnisse nachvollzogen werden.
Als Reliabilitätsmaß der Messung wird der Koeffizient „Cronbachs Alpha“, der ein Maß für die interne Konsistenz einer Skala darstellt, ermittelt. Die Reliabilitätskoeffizienten können der folgenden Tabelle entnommen werden. Weitere Informationen sind im Anhang abgedruckt. Jede Skala setzt sich zunächst aus den Items zusammen, die oben zu den entsprechenden Konstrukten genannt wurden. Um die Reliabilität zu erhöhen, wurden, nach inhaltlicher Überprüfung, teilweise Items aus der Skala ausgeschlossen und der Reliabilitätskoeffizient danach erneut berechnet.
Skala (Konstrukt)
alpha
Abwechslungsaffekt (ABWAFF_X)
.8567
ursprüngliches Abwechslungspotential (ABWPOURX)
.8249
Gesamtaffekt (GESAFF_X)
.6667
Gewöhnung (GEWOEH_X)
.7296
Gewöhnung (GEWOEH_X ohne GEWOEH_3)
.7621
Involvement (INVOLV_X)
.6593
Involvement (INVOLV_X ohne INVOLV_1)
.7077
ursprüngliches Risikopotential (KONURS_X)
.6777
Reizbedürfnis (REIZBEX1)
.9549
Konsequenzen (KONSEQ_X)
.7481
Risikotoleranz (RISLUSX1)
.7906
Unsicherheit (UNSICH_X)
.0981
Unsicherheit (UNSICH_X ohne UNSICH_4 und UNSICH_5)
.7777
Wiederkaufwahrscheinlichkeit (WKW_X)
.6316
Tab. 1 (Cronbachs Alpha)
Ab welcher Höhe des Testwertes „Cronbachs Alpha“, das getestete Meßinstrument als reliabel zu bezeichnen ist, ist nicht eindeutig festgelegt. Üblicherweise werden Koeffizienten von .7 bis .8 als ausreichend angesehen. In der Praxis werden häufig weit geringere Koeffizienten noch akzeptiert.[4] Nach dieser Maßgabe können alle Skalen bis auf WKW_X, GESAFF_X und KONURS_X auf jeden Fall als reliabel eingestuft werden. Bei der Interpretation ist jedoch zu berücksichtigen, daß die Höhe von Cronbachs Alpha mit steigender Itemzahl einer Skala ansteigt. Bedenkt man dies,deuten die relativ niedrigen Koeffizienten der Skalen WKW_X, GESAFF_X und KONURS_X die aus nur 4, bzw. 6 Items bei KONURS_X gebildet wurden, doch auf eine ausreichende innere Konsistenz hin. Alle drei Konstrukte verbleiben deshalb in der Auswertung.
[1] vgl.: Schnell, R.;Hill, P.B.; Esser, E. (1993), S. 158
[2] vgl.: Schnell, R.;Hill, P.B.; Esser, E. (1993), S. 158
[3] vgl.: Schnell, R.;Hill, P.B.; Esser, E. (1993), S. 174 und Bortz, J., (1993), S. 518
[4] vgl.: Schnell, R.;Hill, P.B.; Esser, E. (1993), S. 161
Im Anschluß an die Variablendefinition, die Recodierung aufgrund falscher Orientierung der Items im Fragebogen und die Validitäts- und Reliabilitätsuntersuchungen, wurden folgende mathematische Definitionen für die einzelnen Konstrukte als statistisch sinnvoll erachtet und entsprechende Transformationen durchgeführt. Im Anschluß daran sind noch einige Recodierungen vorgenommen worden, die später die Auswertung der Ergebnisse vereinfachen sollen.
Bei den aufgestellten Hypothesen handelt es sich um Zusammenhangshypothesen. Diese werden sämtlich im folgenden mit Hilfe von Regressionsmodellen überprüft. In einigen Fällen handelt es sich um nichtlineare Zusammenhänge. Auf Anraten eines Spezialisten[1] wurden die Daten so transformiert, daß eine lineare Regression vorgenommen werden konnte. Auch nach dieser Transformation sind die durchzuführenden Tests noch aussagekräftig oder können zumindest als Approximation angesehen werden. Auf jeden Fall ist die Anwendung des linearen Regressionsmodells für die Zwecke einer inhaltlichen Arbeit ausreichend. Nichtlineare Regression ist für dieses Anwendungsgebiet übertrieben aufwendig, vielmehr eher für ökonometrische Zwecke geeignet und außerdem mit SPSS nicht befriedigend durchzuführen. Auch Bortz behandelt die nichtlineare Regression und vor allem deren inferenzstatistische Absicherung nur am Rande, da er sie als sehr komplex einstuft.[2]
Aufgrund der theoretischen Ausführungen und der Hypothesenformulierung wäre ein „Herauspartialisieren“ einzelner Variablen die eleganteste Lösung gewesen. Aufgrund von Hinweisen von Dr. Blasius wurde von diesem Verfahren jedoch abgesehen und die eigentlich „herauszupartialisierenden“ Faktoren mit in die multiple Regression hereingenommen. Mathematisch ist das Ergebnis äquivalent, da bei der multiplen Regression jeweils alle bis auf einen Regressor gleich null gesetzt werden. Darüber hinaus wird die multiple Regression von SPSS besser unterstützt als das „Herauspartialisieren“.
Folgende Regressionen wurden durchgeführt:
1.a Regressoren: ABWPOURX Regressand: ABWAFF2X
REIZBEX1
GEWTR_1
1.b Regressoren: ABWPOURX Regressand: ABWAFF2X
REIZBEX1
GEWTR_1
INVOLV_X
(GEWTR_1 ist die transformierte Variable GEWOEH_X. Zu diesem Zweck wurden die Daten logarithmiert.)
2.a Regressoren: KONURS_X Regressand: RISIKO2X
RISLUSX1
GEWTR_2
2.b Regressoren: KONURS_X Regressand: RISIKO2X
RISLUSX1
GEWTR_2
INVOLV_X
(GEWTR_2 ist die transformierte Variable GEWOEH_X. Zu diesem Zweck wurden die Daten ins Quadrat gesetzt. Zwar konnte durch diese Transformation nicht die Bedingung erfüllt werden, daß die zweite Ableitung zweiten Grades ist, aus der graphischen Darstellung des Konzeptes wird jedoch deutlich, daß diese Bedingung nicht so entscheidend ist. Außerdem müßte für eine entsprechende Transformation der Wert bekannt sein, ab dem das Gefälle der Kurve überproportional zunimmt. Diese Information kann aus den vorliegenden Daten nicht entnommen werden. Ansonsten werden die mathematischen Vorgaben durch diese Transformation erfüllt.)
3. Regressoren: SUMAFF_X Regressand: GESAFF_X
(SUMAFF_X ist gleich der Summe aus ABWAFF2X und RISIKO2X.)
4. Regressoren: SUMAFF_X Regressand: WKW_X
(Bei der Durchführung dieser Regression wurden zuvor mit der Bedingung „EXTRI_3 ne 1“ die Daten herausgefiltert, die aufgrund einer extrinsischen Motivation keine zufriedenstellenden Ergebnisse erwarten ließen. In die Analyse gingen daraufhin 38 Frauen und 50 Männer ein.)
5. Regressoren: GESAFF_X Regressand: WKW_X
(Bei der Durchführung dieser Regression wurden zuvor mit der Bedingung „EXTRI_3 ne 1“ die Daten herausgefiltert, die aufgrund einer extrinsischen Motivation keine zufriedenstellenden Ergebnisse erwarten ließen. In die Analyse gingen daraufhin 38 Frauen und 50 Männer ein.)
6. Regressoren: ABWPOURX Regressand: ABAFKONX
REIZBEX1
GEWTR_1
Alle Auswertungen wurden jeweils getrennt nach Geschlechtern durchgeführt. Kurzversionen der Outputs sind im Anhang zu finden. Die nicht explizit im folgenden besprochenen Parameter können dort nachgelesen werden.
[1] Dr. J. Blasius, Mitarbeiter im Zentralarchiv für empirische Sozialforschung war so freundlich, sich für mich Zeit zu nehmen und mich bezüglich der Auswertung der Daten zu beraten.
Grundsätzlich ist die Voraussetzung für die Durchführung der Regressionsanalyse, daß das Regressionsmodell korrekt spezifiziert ist. Wenn dies nicht der Fall ist, dann ist von vornherein keine Abhängigkeit zu erwarten oder gefundene Abhängigkeiten können Artefakte sein. Zur Aufstellung eines Regressionsmodells ist also eine umfangreiche Vorarbeit notwendig.
Bei allen oben dargestellten Modellen wird aufgrund der umfangreichen theoretischen Vorarbeiten davon ausgegangen, daß sie korrekt spezifiziert sind. Dabei steht fest, wie schon am Anfang der Untersuchung ausgeführt wurde, daß ein Verhalten oder auch eine Einstellung von einer unübersehbar großen Anzahl von Faktoren beeinflußt wird. Diese konnten und sollten nicht alle Gegenstand dieser Untersuchung sein. „Eine vollständige Modellformulierung setzt im Prinzip das Vorhandensein erschöpfenden theoretischen Wissens über den untersuchten Zusammenhang voraus. Dieses ist jedoch aus wissenschaftstheoretischen Überlegungen heraus prinzipiell niemals möglich, sodaß das Postulat der Vollständigkeit immer nur als Leitidee zu verstehen ist.“[1]
Auf der anderen Seite wird aufgrund der theoretischen Vorarbeiten davon ausgegangen, daß die Faktoren, die mit in das Modell einbezogen wurden, einen Erklärungsgehalt für dasselbe haben.
[1] Backhaus, K.; Erichson, B.; Plinke, W.; Weiber, R., (1994), S. 31
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