Antizipierte Nachkaufdissonanz als Entscheidungsfaktor

Ein klassischer Fall von Dissonanz ist die Nachkaufdissonanz. Durch die Entscheidung für eine Alterna­tive entscheidet sich der Konsument gegen alle anderen Alternativen. Jede Alternative hat positiv bewer­tete und negativ bewertete Eigenschaften. Der Konsument entscheidet sich gegen die positiven und negativen Eigenschaften der abgelehnten Alternativen und für die positiven und negativen Eigenschaften der ausgewählten Alternative. Die auftretende Dissonanz ist nun umso höher, je negativer die ausgewählte Alternative empfunden wird und je positiver die abgelehnten Alternativen empfunden werden. Ob diese Dissonanz­empfindung zu Redukti­onsmaßnahmen führt, ist davon abhängig, wie das Verhältnis zwischen den konsonanten und den dissonanten Kognitionen ist.

Nach Meinung einiger Autoren kann die Nachkaufdissonanz schon vor der Handlung ent­scheidungs­relevant werden, wenn sie antizipiert wird. Festinger deutet diese Möglichkeit schon an.[1] Entsprechend kann die Antizipation von Nachkauf­dissonanz Dissonanz erzeugen und damit auch Dissonanzreduktions­maß­nahmen provozieren. Der Unterschied zwischen den Dis­sonanzen aufgrund von Antizipationen und aufgrund von Nachkauf­dissonanz ist der, daß die Folgen im letzteren Fall schon feststehen, während sie im ersten Fall nur mit einer bestimmten Wahrscheinlichkeit eintreten. Nolte will diese Art von kognitiven Dissonanzen nicht als solche gelten lassen und verweist diesen Komplex zum Thema Risiko.[2] Eine Reihe von anderen Autoren schließen sich jedoch der in dieser Arbeit vertretenen Ansicht an.[3] Wiswede sagt zum Beispiel: „Wir halten also fest, daß Konsumenten vor und bei der Objektwahl bereits danach trachten, Dissonanzen zu vermeiden, indem sie Objekte wählen, von denen sie erwarten, daß geringe oder keine Dissonanz auftritt.“[4]

Wie oben angedeutet, ist für die Dissonanz nicht die formale Logik entscheidend, sondern die Psycholo­gik. Die Stärke der Dissonanz einer Kognition ist also eine nur subjektiven Bewer­tungsmaßstäben unterworfene Größe. Warum sollte dann aber nicht die subjektiv wahrgenom­mene Wahrscheinlichkeit, mit der eine dissonante Konsequenz eintritt, ein weiterer Maßstab für die Höhe der Dissonanz sein?

Auch in diesem Spezialfall der Dissonanz müssen die gleichen Bedingungen gelten wie für andere Fälle der Dissonanz:

Der Konsument muß sich darüber im klaren sein, daß er nach der Entscheidung an die gewählte Alternative gebunden ist.

Die durch die Entscheidung entstehenden Konsequenzen müssen eine Bedeutung für den Konsumen­ten haben.

Die abzulehnenden Alternativen müssen in mindestens einem Punkt besser sein, als die auszuwäh­lende Alternative.

die Festlegung auf die auszuwählende Alternative muß freiwillig erfolgen

Entsprechend können auch die üblichen Dissonanzreduktionsmethoden eingesetzt werden, um zu vermei­den, daß es überhaupt erst zur antizipierten Dissonanz kommt.[5] Marken­treue könnte ei­ne der Mög­lichkeiten sein, Dissonanz zu reduzieren, weil dadurch die dissonante Si­tuation, eine falsche Marke auszuwählen, umgangen wird.


[1] vgl.: Festinger, L., (1957), S. 41

[2] vgl.: Nolte, H., (1976), S. 381

[3] vgl.: Braden, M.; Walster, E., (1964) und Wiswede, G., (1973)

[4] Wiswede, G., (1973), S. 108

[5] vgl. Festinger, L., (1957)